1939
wird die dreizehnjährige Poppy Brown aus London evakuiert und aufs Land nach Dorset geschickt. Sie ist eine von drei Millionen Menschen, die während des zweiten
Weltkrieges die Hauptstadt und anderen Großstädten verlassen, um den Bombardierungen
zu entgehen, und findet Aufnahme auf Squire's Knapp, dem großen Anwesen der wohlhabenden
Familie Caroll.
Poppy
teilt nun das Los vieler anderer Kinder: Allein und weit weg von ihren Eltern, mit
nur wenig Hab und Gut, leidet sie unter der Trennung und weiß nicht, ob sie
ihre Familie im Londoner Stadtteil West Ham jemals wieder sieht. Sie ist verängstigt, und die
Bewohner des Hauses, insbesondere die unterkühlte Mrs. Carroll, machen das Leben nicht unbedingt
leichter für sie.
Einer
der Lichtblicke ist jedoch Guy Carroll. Poppy schwärmt von Anfang an hingebungsvoll
für ihn, wenngleich er für sie unerreichbar scheint. Denn da ist zum einen seine Herkunft, zum anderen Amy, Guys
Verlobte. Ungeachtet der Umstände nimmt diese Poppy unter ihre Fittiche und wird zu ihrer
Verbündeten. Poppy hängt an ihr und hebt sie auf ein Podest. Umso größer ist
ihre Enttäuschung, als Amy, die Person, die sie immer für einen Engel gehalten
hat, vor der drohenden Gefahr außer Landes flieht und damit Guy ebenfalls im Stich
lässt, der in den Krieg zieht.
Auch
Poppy muss nach London zurückkehren, weil sie dort gebraucht wird. Während die Jahre
vergehen, der Krieg kein Ende zu nehmen scheint, wächst sie zu einer hübschen
jungen Frau heran, die sich neuen Herausforderungen stellt und an ihrem Ziel
arbeitet, Krankenschwester zu werden.
Was
hält das Schicksal noch für sie bereit, und wird sie Guy eines Tages
wiedersehen?
Lily
Baxter hat sich bei Poppys Geschichte in "Wiedersehen in Dorset" von den Erlebnissen ihrer eigenen Mutter
inspirieren lassen, die das Los jener Kinder teilte, die wegen der
Bombardierungen fernab ihrer Familie aufs Land geschickt wurden. Es ist zu
spüren, dass die Autorin daneben zudem eigene Kindheitserinnerungen in die Handlung einfließen lassen hat. Diese
liest sich mit Leichtigkeit, der Schreibstil fordert den Leser aber auch nicht. Das eine oder andere Mal fehlt es zudem an Ausdruckskraft, und mit Hinweis auf die Übersetzung ist es eher fraglich, ob ein Wort wie „schnieke“ im
Englischen Verwendung findet.
Zwar
wartet das Geschehen mit ein paar Wendungen auf, ist hingegen im Ganzen nicht
überraschend. Vielmehr überfrachtet Lily Baxter das Schicksal von Poppy und
driftet dadurch - wenn auch nur im geringen Maße - ins Sentimentale ab. Etwas weniger
Dramatik wäre hier von Vorteil gewesen.
Auflockernd
für den Erzählfluss ist das Auftauchen bestimmter Produkte der damaligen Zeit. So
gibt es unter anderem Pralinen von Rowntree's und Cadbury's Nussschokolade,
Brylcreem-Pomade und Gibbs-Zahnpasta, es werden Woodbines und
Kensitas-Zigaretten geraucht und „Run, Rabbit, Run“, „Any Old Iron“ und „Knees
up Mother Brown“ gehört.
Hinsichtlich
der Figuren hat die Autorin ein Augenmerk auf ihre Hauptfigur gelegt. Im Wesentlichen
gelingt es der Autorin gut und in einem soliden Rahmen, Poppys Entwicklung vom unsicheren und zurückhaltenden 13-jährigen Mädchen aus der Arbeiterklasse zur selbstbewussten jungen
Krankenschwester im historischen Kontext der Kriegsjahre darzustellen sowie ihre charakterlichen Eigenschaften deutlich zu machen. Gleichfalls überzeugt sie mit der Beschreibung der Empfindungen
ihrer Protagonistin.
Poppy
hat das Herz am rechten Fleck. Da sie aus ihrem vertrauten Umfeld
herausgerissen wird, ist sie zunächst verunsichert, zumal sie, die eigentlich
immer viel Trubel um sich hatte, nunmehr allein und sowohl ohne Familie als
auch Freunde dasteht und sich behaupten muss. Dies ist von Erfolg gekrönt, so dass Poppy mehr
und mehr Verantwortung übernimmt, ihre positiven Züge wie Großherzigkeit und Hilfsbereitschaft
verstärken sich. Auch verliert sie nie die Freude an den einfachen Dingen.
Die
Liebesgeschichte wird angenehm zurückgenommen erzählt. So spielt auch der Part
von Guy eine kleinere Rolle, füllt diese aber entsprechend den Vorgaben aus. Gleichwohl
entspricht das Bild von Guy dem eines britisch unaufgeregten jungen Mannes
seiner Kreise, der geradlinig und ehrenhaft handelt, seine Pflicht gegenüber
dem Vaterland erfüllt.
Daneben
fügen sich die Nebenfiguren mehr oder weniger intensiv ein und
beleben das Geschehen.
Die
Geschichte unterhält mit einem manierlichen Plot, der im Ansatz, das Schicksal
einer jungen Frau in Kriegszeiten zu schildern, durchaus positiv zu werten ist.
Allerdings vermag sie es letzten Endes nicht, den Leser durchgängig zu
begeistern und so nachdrücklich in Erinnerung zu bleiben.
Erschienen ist das Buch bei beHeartbeat. Ich danke dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares über NetGalley.