Nathalie
Svensson ist Psychiatrische
Oberärztin an der Universitätsklinik Uppsala und anerkannte
Expertin für Psychopathen.
Deshalb unterstützt sie neben ihrer Beschäftigung in einer Klinik
als inoffizielles Mitglied der Einheit für operative Fallanalyse
(OFA), die für die Erstellung von Täterprofilen zuständig ist, das
schwedische Zentralkriminalamt.
Von
ihrem Ehemann Håkan lebt die Fünfundvierzigjährige getrennt und
streitet sich mit diesem um das Sorgerecht für die Kinder Tea und
Gabriel. Mit ihnen
wohnt sie in einem kleinen Haus, hat jedoch auch noch eine kleine
Wohnung in Stockholm, wo sie die Annehmlichkeiten eines Singledaseins
auslotet, wenn sie sich nicht um ihre Kinder kümmert. Dazu gehören ebenso wechselnde und kurzzeitige und
in der Regel einmalige
Beziehungen. Einer dieser Männern, der Schauspieler Rickard
Ekengård, bittet sie um ein zweites Treffen. An jenem Abend muss sie
mit ansehen, wie Rickard vor ihren Augen niedergeschossen, in einen
Brunnen geworfen wird und in ihren Armen stirbt. Dieses Ereignis
schockiert Nathalie verständlicherweise, weist es doch Ähnlichkeiten
mit einem Geschehen zehn Jahre zuvor auf. Damals wurde Nathalies
große Liebe Adam auf ähnliche Weise ermordet. Die
Tat
zerstörte Nathalies Leben, und dieses verschwand in
undurchdringlicher Finsternis, die sie seither in sich trägt, auch
weil
Adams Tod nach wie vor unaufgeklärt ist.
Nach
dem Mord an Rickard fühlt sich Nathalie verfolgt, nicht nur durch
die anonymen Nachrichten auf ihrem Handy. Das kann sie trotzdem nicht davon abhalten, den Fall lösen zu wollen. Und je mehr sie sich mit dem beschäftigt, das Adam an Material in einer Kiste
zurückgelassen hat, desto überzeugter wird sie, dass es zwischen
beiden Todesfällen eine Verbindung gibt.
Jonas
Moström ist als Krimiautor in Deutschland noch ein eher
unbeschriebenes Blatt, hingegen in seiner Heimat Schweden äußerst
erfolgreich. Er hat selbst Medizin studiert und als Arzt gearbeitet.
Mit
Nathalie Svensson stellt er eine kompetente und zugleich komplizierte
Frau in den Mittelpunkt seiner Reihe, deren Einzelbände stringent
erzählt werden und zeitlich an den jeweils vorherigen anschließen.
Neben
der Haupthandlung von „So tödlich nah“, die im April 2014
einsetzt, führt der Autor den Leser immer wieder zehn Jahre zurück
und lässt ihn an der Seite von Nathalies Verlobten Adam das damalige
Geschehen Revue passieren. Während die Handlungsstränge zunächst
parallel verlaufen, verdichten sie sich im Verlauf immer mehr zu
einem Gesamtbild. Vielleicht kommt ein wenig oft der Zufall zur
Hilfe, gleichwohl treiben gerade diese Zufälle die Geschichte, die
geschickt konstruiert ist und ein gutes Erzähltempo hat, voran. So
wirkt sie schlüssig, verfügt über eine gewisse Dramatik
und überrascht letzten Endes mit ihrer Auflösung.
Jonas
Moström bindet die landschaftliche Umgebung und örtlichen
Gegebenheiten von Uppsala und Stockholm gut in seine Schilderung ein,
schreibt in klarer Linie und manchmal etwas nüchterner Sprache. Die
Stimmung ist nordisch unterkühlt und spiegelt die Gefühle seiner
Hauptfigur wider.
Nathalie
ist als Charakter nicht einfach zu händeln. Die zweifache Mutter hat
bis zur Trennung von Håkan versucht, ein möglichst angepasstes
Leben zu führen. In ihrem Beruf, mit dem sie Menschen helfen kann,
geht sie auf, denn hier haben ihre Selbstzweifel und das Gefühl, nie
gut genug zu sein, keinen Platz. Doch nun will sie verlorene Jahre
aufholen und nichts mehr verpassen und pflegt einen eher
ungewöhnlichen Lebensstil.
Obwohl
die Darstellung glaubwürdig ist, fällt es nicht leicht, Nathalie
nahe zu kommen. Eine Erklärung könnte eben auch ihre
unaufgearbeitete Vergangenheit sein. Zudem plagt sie sich mit ihrer
Mutter Sonja und deren Alkoholproblem herum. Hingegen hat Nathalie zu
ihrem Vater Victor ein besseres Verhältnis. Ihm kann sie sich
anvertrauen.
Insgesamt
räumt Jonas Moström den Beziehungs- und sonstigen Problemen seiner
Protagonistin viel Raum ein, ohne
die Kriminalhandlung aus den Augen zu verlieren. Das macht „So
tödlich nah“ zu einer bemerkenswerten Lektüre.
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Nathalie
Svensson wird als Mitglied der OFA zusammen mit dem Leiter Ingemar
Granstam und dem Kriminaltechniker Tim Walter nach Sundsvall gerufen.
Sie sollen dem dortigen Kommissar Johan Axberg und dessen Kollegen
mittels
Erstellung eines Täterprofil helfen, ein seltsames Verbrechen
aufzuklären.
Thomas
Hoffmann, ein Arzt der psychiatrischen Abteilung, ist ermordet
aufgefunden worden. Offensichtlich wurde er mehrere Tage gefangen
gehalten und gefoltert, aus den Rückenmuskeln zu beiden Seiten der
Wirbelsäule symmetrische Rechtecke geschnitten und in den Mund des
Opfers einen Dominostein mit der doppelten Sechs platziert.
Erschwerend
kommt hinzu, dass ein weiterer Arzt verschwunden ist: Erik Jensen,
der beste Freund von Johan Axberg. Auch hier hat der Täter einen
Dominostein hinterlassen. Mit jedem Tag, der ergebnislos verstreicht,
wird die Gefahr für das Leben von Erik Jensen größer.
Und
als ob das noch nicht reichen würde, scheint es so, dass Nathalie
Schwester Estelle ebenfalls in die Sache involviert ist, weil sie,
die eine Beziehung zu Erik Jensen hatte, ihn zuletzt gesehen hat.
Jonas
Moström kehrt nach "So tödlich nah" mit „Dominotod“ zum klassischen Kriminalroman mit
polizeilicher Ermittlungstätigkeit zurück und bleibt dabei seinem
verhältnismäßig schwermütigen Schreibstil treu. In zunächst eher
ruhiger Art und Weise versteht er es, im Verlauf der Geschichte zu
verwirren, in dem er durch wechselnde Einschübe in die Gedankenwelt
des Täters führt. Er legt raffinierte Spuren, erhöht mit dem
Druck, der auf allen lastet, Erik zu finden, auch entsprechend das
Tempo, so dass stetig die Spannung gesteigert wird. Daneben lässt er
einige plausible und nachvollziehbare Möglichkeiten zu, wer der
Mörder sein könnte, und verschafft so dem Leser einen
vermeintlichen Vorsprung vor den eigentlichen Ermittlern.
Trotzdem
lebt „Dominotod“
vor allem von den Beziehungsverflechtungen seiner
Protagonisten. Für
einen guten Überblick über die wichtigsten Figuren sorgt eine
Aufstellung,
die zudem mit Hintergrundinformationen aufwartet.
Während im ersten Band der Reihe größtenteils Nathalie Svensson im Mittelpunkt stand, verschiebt sich dieser und rückt
weitere Personen in den Fokus.
Unter
anderem Johan Axberg, als
ermittelnder Kriminalist den
schwedischen Lesern
bereits aus acht Bänden einer
eigenen Reihe bekannt.
Wenngleich
bedauerlich ist, dass bisher lediglich
„Herzversagen“ (Band
1)
in Deutsch erschien,
kann der Entschluss von Jonas Moström, seiner Hauptfigur
Nathalie Svensson nach
ihrer
alleinigen Präsentation in „So
tödlich nah“ ein
Zusammentreffen mit Johan Axberg einzurichten, nur begrüßt
werden. Denn trotz
aller Unterschiede gelingt die Mischung, und
Nathalie
und Johan agieren
gut zusammen und komplettieren
einander.
Während
Johan Axberg mehr
kopflastig ist, seine
Ermittlungen immer
engagiert führt
und
sie mit fast an Besessenheit grenzender Beharrlichkeit zu einem
erfolgreichen Ende führen will,
worunter die Beziehung zu seiner Familie leidet, handelt und reagiert
Nathalie eher emotional und
subjektiv.
Die vergangenen traumatischen Ereignisse sind nicht spurlos an ihr
vorbeigegangen, so dass sie tatsächlich eine Zeit Ruhe für sich
benötigt hätte, um
wieder frei und zuversichtlich
in ihr altes Leben zurückzukehren.
Aus
diesem Grund hat
sie auch
zunächst gezögert, nach Sundsvall zu fahren, sich aber dann wegen
ihrer Schwester, die
sie drei Jahre lang nicht gesehen hat,
dazu entschlossen.
In
„Dominotod“ gelingt
es,
sich Nathalie
mehr
anzunähern.
Jonas
Moström macht es dem Leser leichter, sie in
ihrem Denken und Handeln zu verstehen
und ermöglicht eine Identifikation und
die Hoffnung zu, dass es ein Wiedersehen gibt.
Liebe Anke,
AntwortenLöschendeine Rezension erweckt Lust auf ein spannendes Buch.
Sonnige Sonntagsgrüße
Elisabeth
nicht so meins, aber ich lass herzliche Grüße für dich hier und wünsche dir eine positive Woche
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