Wer
meinen Blog und meine Rezensionen verfolgt, weiß, dass meine
Leseinteressen breit gefächert sind. Wenngleich inzwischen auch
Krimis zu meiner Lektüre gehören, habe ich Thriller bislang gemieden. Das hat ein Ende. Denn in den letzten vierzehn Tagen
habe ich drei Bücher dieses Genres gelesen, das vierte begonnen. Und was soll ich sagen? Es gefällt mir. Also werden wohl weitere folgen.
Schluss
mit der Vorrede. In medias res...
Der
Berliner Kriminalhauptkommissar Henry Frei ist speziell. Es existieren zwei
Dinge, die er nicht ausstehen kann: Unpünktlichkeit und Unordnung.
An seine Pedanterie muss sich der neue Kollege Charlie erst gewöhnen,
wohingegen Kollegin Louisa Albers damit umzugehen weiß.
Seine
personifizierte Korrektheit macht Frei keineswegs unsympathisch.
Vielmehr zeichnen ihn seine kluge, geradlinige Denkweise aus. Die
braucht er auch in seinem Job. Gerade nämlich wurde ein neues
Mordopfer gefunden.
Zeitgleich
vermisst Suse Pirnatt, eine von ihrem Mann verlassene Mutter dreier
Kinder unterschiedlichen Alters ihre älteste Tochter. Die
Vierzehnjährige ist ebenso verschwunden wie der Hund der Familie.
Es
dauert nicht lange, und die Mordkommission erfährt von dem vermissten Mädchen. Denn bei einem weiteren aufgefundenen Toten befand sich
deren Rucksack, so dass alles nach einem unmittelbaren
Zusammenhang zwischen dem Verschwinden und dem grausamen Mord
aussieht. Und obwohl Henry Frei und seine Kollegen fieberhaft daran
arbeiten, den Fall aufzulösen, scheint ihnen die Zeit davonzulaufen.
Und dann geschieht ein weiteres Verbrechen...
„Böses
Kind“ von Martin Krist profitiert neben einer ausgeklügelten
Geschichte vor allem von seinen Protagonisten und deren persönlichen
Hintergründen. Da gibt es einerseits das funktionierende
Familienleben von Henry Frei, das auch mit pubertärer (ebenfalls) 14-jähriger
Tochter und einem Sohn mit Asperger Syndrom funktioniert. Seine
Kollegin Louisa Albers kämpft ständig mit der Müdigkeit, weil sie
vor einem halben Jahr Mutter geworden und vor zwei Monaten wieder in
den Dienst getreten ist. Seitdem kümmert sich ihr Mann, ein
Schriftsteller, um den Sohn, hält aber ständigen Kontakt zu ihr.
Frei und Albers sind ein eingespieltes Team, die durch ihre
Arbeitsweise, oft in Form von Schlagabtäuschen, Ermittlungen voranbringen. Neuzugang Phan Cha Lee, genannt Charlie, ist der Sohn einer Deutschen
und eines Vietnamesen, zeigt sich eifrig und noch ein wenig
ungezügelt, jedoch lernfähig.
Im
krassen Gegensatz hierzu steht Suse Pirnatt. Sie lebt in der Platte im
Berliner Bezirk Spandau, einer von vielen sozialen Brennpunkten der Hauptstadt.
Hier bestimmen oft die Sorge ums Geld und damit eingehende
innerfamiliäre Notsituationen und weitere daraus resultierende Probleme den Alltag der Menschen, Hoffnungslosigkeit und fehlende
Perspektive lassen sie abstumpfen. Vom Berliner Glanz ist hier nichts
zu spüren. Suses Mann zahlt keinen Unterhalt, und so muss
sie einem ungeliebten Teilzeitjob in einer Drogerie nachgehen, um
überhaupt über die Runden zu kommen. Sie schafft es kaum, den
siebenjährigen Dennis und Baby Theo zu versorgen. Als ihre älteste
Tochter Jacqueline verschwindet, vermutet sie, dass diese mit
Typen abhängt, die nicht nur mit einem Suchtmittel zu tun haben,
riskiert aber trotzdem ihren Job, weil sie sich auf die Suche
begibt...
Martin
Krist gelingt es schnell, seine glaubwürdigen Figuren innerhalb
ihres Milieus ins Licht bzw. in den Schatten zu setzen und die Verhältnisses
zu beleuchten. Er schreibt mit hohem Spannungsfaktor, und seine
Erzählweise ist offensiv, energisch und schonungslos,
spart nicht mit unangenehmer und
detaillierter Darstellung.
Kurze, knappe, auf
den Punkt gebrachte Sätze
und wechselnde Perspektiven treiben die gut
durchdachte Handlung
kontinuierlich voran. Diese
erhält durch das Einstreuen
der Uhrzeit immer wieder Echtzeitmomente,
wirkt niemals
konfus oder lässt gar
den notwendigen Überblick
vermissen. Die unterschiedlichen Sichtweisen bieten vielmehr Raum für
eigene Spekulationen und ermöglichen ein Mitfiebern für ein
rasantes Ende.
Und
das ist es tatsächlich, das Ende kommt zügig und wegen der vielen
ungeklärten Fragen einen Tick zu scharf. Der Cliffhanger kann
sich allerdings sehen lassen. Wohl dem, der den
Nachfolgeband „Stille
Schwester“ schon „auf dem Schirm“ hat...
4,5 Sterne
4,5 Sterne
Hallo Anke,
AntwortenLöschenmir hat deine Rezension zum Buch sehr gut gefallen, sodass ich sie HIER bei mir verlinkt habe.
GlG, monerl
Vielen Dank, monerl, das freut mich sehr...
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