Die
alte Aliki ist die letzte Frau ihres Dorfes im Nordosten von
Griechenland, die Klagegesänge verfasst. Als eine Ethnografin nach
einem Besuch Rekorder und Kassetten zurücklässt, damit Aliki ihre
Wehklagen aufzeichnet, singt diese stattdessen im Monolog und dem
Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit ihr eigenes Klagelied:
Alikis
Vater wird wegen des Diebstahls eines Kürbisses von den Deutschen
erschossen. So wächst sie bei Chrysoula auf, deren Sohn Takis zu
Aliki eine intensive Verbindung aufbaut. Im Haus versteckt leben
außerdem Strelio und seine Mutter, zwei verfolgte jüdische Griechen
aus Athen. Aliki und Strelio entdecken ihre Gefühle füreinander,
eifersüchtig beäugt von Takis.
Nachdem
die Deutschen durch Verrat von dem Versteck erfahren, bricht in dem
Dorf das Chaos aus. Zurück bleiben Aliki, Strelio und Takis, die
sich nach Athen aufmachen und in den Wirren der grausamen und tödlichen Kämpfe zwischen Royalisten und kommunistischer
Guerilla bestehen müssen. Mit einem Schattenpuppentheater,
mit sie traditionelle griechische Volksstücke aufführen, verdienen
sie sich ihren Lebensunterhalt, erst in der Stadt, später auf dem
Land.
Abgesehen
von den Gefahren des andauernden Bürgerkriegs ist der Zusammenhalt
ihrer kleinen Gruppe durch die Feindseligkeit zwischen Takis und
Stelios bedroht. Takis, verfolgt von
Schuldgefühlen, fehlen die Erinnerung an das, was in der
Vergangenheit im Dorf passiert ist. Er ist verwirrt und
zeitweise unberechenbar. Er hört Stimmen
und ist
offensichtlich psychisch krank. Aliki, die ihm helfen will, wird
überwältigt von
ihrer Sorge, ihrer
Angst und ihrer Liebe...
James William Brown hat für „Ein Lied von Liebe und Verrat“ einen eher wenig thematisierten Zeitpunkt griechischer Geschichte, eine einzigartige Kulisse und eine eindringliche Bildsprache gewählt, die zudem über weiten Strecken mit hohem emotionalen Faktor aufwartet. Lediglich in den Schlussszenen erscheint sie gedrängt und verliert etwas an Kraft.
Davon
unabhängig beschreibt der Autor außergewöhnlich und gelungen einen
Teil der wechselhaften griechischen Geschichte in einer politisch
bewegenden Zeit und beleuchtet intensiv die Auswirkungen auf das Land
und seine Bevölkerung. An Hand von Aliki und ihrer provisorischen
Familie schildert er die Opfer, die während des Krieges und auch
danach erbracht wurden.
Im
Mittelpunkt stehen ein zerrissenes Land und
neben Verrat, Verlust
und Trauer vor allem Freundschaft
und Liebe. James William Brown
zeigt, wie
diese das Leben von allen verändern, und
wenn sie im Falle
der Liebe herausgefordert, nicht
erwidert oder von Konflikten überschattet
sind. Dabei
spart der Autor nicht mit ausweglos
scheinenden Situation, Bedrohungen,
Geheimnissen, ergreifenden
Enthüllungen und Herzschmerz.
James
William Brown hat insbesondere mit Aliki einen komplexen Charakter
geschaffen. Sie reibt sich auf in ihrer Unentschlossenheit, zwischen
Pflicht und Liebe, einerseits zu Takis und andererseits zu Strelio,
und ist nicht in der Lage, die Situation klar zu sehen und zwischen
beiden einen Entscheidung zu treffen. Angesichts des Geschehens
sowohl vor Kriegsende als auch danach reift sie viel früher und
wirkt erwachsen. Das Schicksal diktiert ihre Schwierigkeiten und
beschert ihre Schmerzen, gönnt ihr wenig Pausen und Glücksmomente.
Erst im Alter verfügt sie über einen feinen Humor. Daneben sind
ihre Klagegesänge von beeindruckender Symbolik
und Poesie.
Doch Aliki bleibt mit Trauer allein zurück. Genau wie der Leser...
4,5 Sterne
iebe Anke,
AntwortenLöschenherzlichen Dank und sonnige Grüße
Elisabeth