„Ich
habe meine Wahl getroffen. Marlowe, Mensch des Sommerlandes seit neun
Jahren und Ziehtochter einer Ewigen, ist die Jahresprinzessin.“ Als
die Königin des Sommerlandes diese Worte ausspricht, erfüllt sich
für Marlowe, einen sogenannten Wechselbalg, die mit acht Jahren aus
der Welt der Menschen gerettet wurde und bei ihrer Ziehmutter Anrile
in einem kleinen Weiler zu Hause ist, ein Traum. Alle
zehn Jahre wird ein Menschenmädchen zur Jahresprinzessin gekrönt,
opfert für dieses eine Jahr ihre Zeit und erhält damit den Frieden
und die Schönheit des Sommerlandes aufrecht. Denn das Sommerland ist
ein Paradies, in dem die Zeit mehr oder weniger still steht und deren
Bewohner, die Ewigen, nicht altern.
Für
ein Jahr lebt Marlowe in der Hauptstadt im für sie
eindrucksvollen Palast in purem Luxus. Doch so glänzend und prächtig
wie die Gewänder, in die das junge Mädchen von nun an gekleidet wird, ist das
Dasein tatsächlich nicht. Vielmehr vergehen die Monate im Fluge, ohne dass Marlowe sich erinnern kann, was mit ihr geschieht. Verwirrung und
Gedächtnislücken beschäftigen sie. Verschiedene Ereignisse, unter
anderem Übergriffe des Prinzen, lassen sie zweifeln. Sie gerät
mitten hinein in einen Strudel von Verschwörungen, Geheimnissen,
trügerischem Schein, einen gefährlichen Kampf um Leben und Tod. Sie
lernt die Liebe kennen und weiß indes nicht, ob sie am Ende all das
überdauert...
Leni
Wambach hat in "Blüte der Ewigkeit", dem ersten Band ihrer Dilogie "Die Jahresprinzessin unter Verwendung zahlreicher detailsicherer
Bilder die vielfältige Welt Avalun geschaffen, in der neben den Ewigen und
den menschlichen Wechselbälgern auch noch weitere Völker wie die
Fae und die Eddelin, die die Edla, die rätselhafte Magie Avaluns
beherrschen, existieren. Auf den ersten Blick scheint insbesondere
das Sommerland der Ewigen ein wundervolles Paradies zu sein. Ein Blick hinter
die Kulissen offenbart jedoch eine Düsternis, die das nahezu
perfekte Sommerland in Frage stellt und nicht nur für die
Protagonisten der Geschichte zur Falle wird...
Die
angenehme Art des Erzählens, die
zeitgemäß und jugendlich ist und
bei der die Fantasie angeregt wird,
dürfte Ältere gleichermaßen ansprechen. Deshalb ist es zu verzeihen, dass
sich ab und an ein paar Längen eingeschlichen haben. Davon
einmal abgesehen, gelingt es
der Autorin sehr
gut, wichtige Themen wie
Gewalt, Krieg, Fremdenhass und
sexuelle Übergriffe kritisch anzusprechen.
Ihre
Charakterzeichnung der verschiedenen Figuren ist ebenfalls
bemerkenswert.
Leni
Wambachs Heldin Marlowe, ein
Menschenkind, ist von sympathischer Wesensart. Im
Gegensatz zu ihr ahnte ich von Anfang an, dass im vermeintlichen
Paradies einiges im Argen liegt. Die Erfahrung muss die
Jahresprinzessin erst noch machen, und wie sie dies tut, ist stimmig
beschrieben. Anfänglich
verträumt, naiv-unkompliziert und schüchtern entwickelt Marlowe
sich zu einer verständnisreichen, hinterfragenden, immer
sicher werdenden Persönlichkeit, die
versucht, sich
in einem Gewirr aus Geheimnissen zurechtzufinden
und zu begreifen, dass diese nicht
nur für ihre Feinde, sondern
ebenso für Freunde bedeutungsvoll sind.
Besonders
gefallen hat mir, dass sich Leni Wambach für eine romantische
Liebesgeschichte zwischen zwei
Frauen entschieden hat, es ihrem gleichgeschlechtlichen
Liebespaar aber auch nicht
einfacher
macht. Marlowe trifft auf Charis, eine Eddelin-Kriegerin,
die neun Jahre in einen
komaähnlichen Schlaf fällt und die dann für ein Jahr erwacht,
wenn die Königin des Sommerlands sich auf die Suche nach ihrer
Jahresprinzessin begibt. Sie ist enorm
willensstark und fähig, sich im
Kampf zu behaupten,
allerdings hinsichtlich
der
Offenlegung
ihrer Empfindungen und dem
Eingehen emotionaler Bindungen
sehr zurückhaltend.
Vielleicht schrammt die Autorin hier angesichts
der Eigenschaften am Rande
des Klischees vorbei.
Im Verlauf der Handlung verschwimmen hingegen die Konturen, und es ist
wunderbar
zu sehen, wie sich Marlowe und Charis einander annähern, an- und
zugleich abstoßen.
Die Darstellung der
Gefühlswelt beider Protagonistinnen, die glaubhaft agieren in ihrem
Verlangen, ihrer Unsicherheit und ihrer Hingabe wird mit
Empfindsamkeit vermittelt.
Leni Wambach überrascht am Ende mit einem ergreifenden Finale, das mich betroffen und bange zurücklässt, so dass ich auf die Fortsetzung unbedingt hoffe.
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Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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