Privatdetektiv
Altmann erhält von Frederik Vorwarth, dem Chef einer florierenden
Werbeagentur, den Auftrag, jene Frau zu suchen, die bei diesem einen
tiefen Eindruck hinterlassen hat, nachdem er vor ziemlich genau zehn
Jahre eine sehr intensive Beziehung mit ihr hatte. Alexa
Chevrolet war von einem Tag auf den anderen verschwunden, vor zwei Wochen
aufgetaut und erneut von dannen gezogen. Altmann soll herausfinden,
wer Alexa ist.
Auch
aus Altmanns Leben ist einst eine Frau verschwunden, die er sehr
geliebt hat. Ist es schicksalhafte Fügung gewesen, die Vorwarth in
Altmanns Büro wehte?
Es
dauert nicht lange, und es geschehen merkwürdige Dinge. Für Altmann
fühlt es sich an, als könnte jeden Moment der Boden unter ihm
nachgeben. Das, was er anpackt, erscheint ihm auf einmal wie
vergebliche Mühe. Eines Tages liegt zudem noch eine Schlange in
seinem Büro, und seltsamerweise stellt sich das Tier keinesfalls als
Störfaktor dar, als würde es dorthin gehören.
Weitere
Personen tauchen auf und verschwinden wieder. Und nicht nur das. Die
Wirklichkeit verschiebt sich, und nach und nach verstrickt sich der
Detektiv in einem Labyrinth von unterschiedlichen Realitäten. Er
beginnt, an seiner eigenen Identität zu zweifeln. Wer ist er? Die
Reinkarnation eines Polizisten namens Anatol Kerkovian, der vor
zwanzig Jahren besser seine kugelsichere Weste angelegt hätte und
von einem Zuhälter mit einem Schuss in den Rücken getötet wurde
(und darum in dieser Welt noch ein paar Rechnungen offen hat) oder
ein mächtiges Wesen aus einer Parallelwelt, das als „Weltenschmied“
über außerordentliche Fähigkeiten und nahezu unbegrenzte
Schöpferkraft verfügt, wie ihm geheimnisvolle Besucher aus der
„Weißen Stadt“ weismachen wollen. Was ist Traum, was ist
Fantasie, was chiffrierte Erinnerung? Denn eines wird langsam klar:
Alles dreht sich um Altmann...
„Weiße
Stadt“ beginnt im Stil des klassischen Noir-Krimis, präsentiert
Peter Scheerer doch einen deprimierten Antihelden, der in einem
heruntergekommenen Büro haust und einen skurrilen Auftrag erhält.
Fragwürdige und undurchsichtige Figuren, schöne Frauen und jede
Menge Geheimnisse runden das Bild ab. Soweit so gut. Allerdings belässt es der Autor hierbei nicht. Vielmehr ändert er den vermeintlich
eingeschlagen Pfad, betritt fantastische Gefilde und bricht mit den
Strukturen von Raum und Zeit.
So entpuppt sich „Weiße Stadt“ nicht auf den ersten Blick, und es
bedarf eines hohen Maßes an nüchterner Distanz, die Ereignisse zu
entziffern.
Peter
Scheerer schreibt sprachlich gewandt und zieht den Leser dadurch in
den Bann. Die Handlung wartet mit einigen, markanten Figuren auf, ist wendungs- und überraschungsreich. Deshalb ist zum
einen eine gewisse Konzentration von Nöten, dem wechselnden Ablauf
zu folgen, zum anderen der Wille, sich auf eine kompakte, visuelle
Welt mit eigener Ermittlungsfähigkeit einzulassen. Ist das der Fall
und die unbedingte Neugier geweckt, zu welchem Ende die Geschichte
führt, stellt sich garantiert Lesefreude ein, gemeinsam mit Altmann
Licht ins Dunkel zu bringen.
4,5 Sterne
4,5 Sterne
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Ich danke dem Autor für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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