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Mittwoch, 7. Oktober 2020

Ein Schuss kommt selten allein

Jonathan Bane hat einzigartige Fähigkeiten: Er ist ein Medium, arbeitet bei der „Psy Consulting Agency“ und wird nicht nur von Privatleuten, sondern auch von der Polizei routinemäßig als Berater und Profiler beauftragt. Da Jon die Auren und die energetischen Meridiane von Personen, die sich ihm in Form von Farben, Linien und Lichtblitzen präsentieren, lesen kann, ist es ihm möglich, quasi wie ein menschlicher Lügendetektor zu funktionieren und zu erkennen, ob jemand die Wahrheit sagt.

Leider wird seine mentale Stärke von wesentlichen Schwächen begleitet: Er kann keine elektronischen Geräte berühren, ohne diese zu zerstören. Weil die Auren der anderen Menschen ihn sehr stark blenden, trägt er zum Schutz eine Sonnenbrille. Außerdem plagen ihn oft Kopfschmerzen und Migräneanfälle, manche Tage sind eine Qual. Erleichterung könnte der Einsatz eines sogenannten Ankers, einer ihm nahe stehenden Person, bringen. Ein Anker ist in der Lage, stets den Überblick zu behalten, muss über eine Engelsgeduld verfügen und sich um Jon kümmert, wenn dieser das nicht (mehr) selbst kann. Allerdings wäre dies ein unkündbarer „Job“, weil so eine Partnerschaft auf Lebenszeit geschlossen wird. Vorausgegangene Versuche diesbezüglich sind gescheitert, weshalb der Fünfundzwanzigjährige mittlerweile die Hoffnung aufgegeben hat, einen passenden Anker zu finden, und Leben und Arbeit eher schlecht als recht allein meistert.

Bis Donovan Havili vor ihm steht, es Jon den Atem verschlägt und seine Gefühle Purzelbäume schlagen angesichts der atemraubenden, kräftig leuchtende Chakren und Energiebahnen. Donovan ist hawaiianischer Abstammung, hat aber auch afroamerikanische Wurzeln. Er ist ein großes muskulöses Raubein mit ernstem Gesicht und gewaltigem Beschützerinstinkt, zugleich auch ein so unglaublich gutmütiger Typ mit einem Herzen aus Gold. Donovan soll Jon vor all dem abschirmen, was ihm gefährlich werden kann, da dieser wegen seiner Tätigkeit in der Welt der Kriminellen nicht unbedingt „geliebt“ wird. Als ehemaliger Militärpolizist, seiner Präsenz und seiner Einstellung bietet Donovan alles, was er für den Job an der Seite eines Mediums braucht. Vielleicht ist Donovan derjenige, der nicht sofort wieder die Flucht ergreift. Gerade jetzt muss der Fall eines zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigten chinesischen Austauschstudenten aufklärt werden. Außerdem wird – wieder einmal – auf Jon geschossen.

Kann Donovan der Partner sein, der für Jon wie geschaffen ist?



In „ Ein Schuss kommt selten allein“ verarbeitet AJ Sherwood eine bemerkenswerte Idee, nämlich die gleichgeschlechtliche Liebesfantasykrimigeschichte eines außergewöhnlichen jungen Mannes. Das Konzept und die Handlung erscheinen insgesamt durchdacht und logisch. Spannungsmomente sind vorhanden, obwohl der Krimi-Anteil im Ganzen etwas vorhersehbar ist und zweifellos mehr Intensität vertragen hätte, was eventuell bei zukünftigen Fälle genutzt wird. Hingegen sind fantastischen Aspekte detailliert und nachvollziehbar beschrieben, die homoerotischen Szenen explizit dargestellt.

Dabei ist in jeder Zeile zu spüren, dass die Autorin für ihre Protagonisten brennt. Jons Intelligenz und Unsicherheit treffen auf Donovans Selbstbewusstsein und Beharrlichkeit, die Chemie stimmt zwischen ihnen, ihr vertrauensvoller Umgang miteinander ist konfliktfrei. Die beiden sind so liebenswert und auf entzückende Art schnuffig, dass ich sie gern begleitet habe, ungeachtet der Tatsache, dass sie in ein allzu harmonisches und perfektes Licht gestellt werden. Die Gelegenheit, (Beziehungs)Krisen einzubauen, bleibt AJ Sherwood ja noch in den Folgebänden der Reihe.

Viel für die Kurzweil bei der Lektüre trägt der moderne und flippige Schreibstil bei. Die Autorin lässt Jon selbst erzählen, und dies mit leichter Hand und einem Augenzwinkern, immer hautnah dran an seinen Eindrücken und Empfindungen, so dass sich eine Annäherung jederzeit als möglich erweist.

Im Resümee ist „Ein Schuss kommt selten allein“ vor allem eines: wunderbar anziehende und vergnügliche Unterhaltung, die verschiedene Genre vereint: Fantasy, Gay-Romance und Krimi.


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