„Die
Krähe legte ihren Kopf schief und starrte die verängstigte und
unterkühlte junge Frau neugierig an. Sie beobachtete alles, was in
den nächsten Minuten geschah.“
Eine
junge Frau ist von einer Brücke gestürzt. Und während Luca
Brassoni, Commissario Capo bei der venezianischen Polizei, seinen
freien Tag hat, liegt bei seiner Ehefrau Carla Sorrenti, der federführenden Gerichtsmedizinerin der Stadt, ein neuer Fall auf
den Tisch. Schnell stellt sich heraus, dass Antonella Carracci, so
der Name der Toten, entgegen der ersten Annahmen nicht selbst
gesprungen oder versehentlich gefallen ist, sondern ihr
Körper Kampfspuren aufweist. Folglich ist klar, dass sie gestoßen
und
ermordet wurde.
Insofern
stellt sich nicht nur die Frage nach dem Täter, sondern auch, ob der
Zettel, den das Opfer bei sich hatte und der von einem Fluch spricht, von Bedeutung ist.
Die
Sache wird persönlich, als Carla in ihrer Tasche eine Fetischpuppe
findet. Obwohl sie im wahrsten Sinne des Worte eine realistische und
rational denkende Person ist, ihr Flüche und Aberglauben ein Graus
sind, bekommt sie plötzlich schreckliche Angst.
Will
jemand die Arbeit der Polizei blockieren? Möglicherweise die Familie
Perroni?
Antonella
Carracci hat nämlich als Rezeptionistin im Hotel der Familie
gearbeitet und war mit deren Sohn Carlo verlobt. Die Begeisterung von
Patriarchin Magda Perroni hielt sich diesbezüglich in Grenzen, um
nicht zu sagen, sie war nicht vorhanden. Das rückt die Familie ins
Zentrum der polizeilichen Ermittlungen, zumal auch das Hotel mit
einem angeblichen Fluch belastet sein soll, was für erhebliche
Verunsicherung der Menschen sorgt.
Auffällig
ist zudem das Verhalten der einzelnen Familienmitglieder, die mit
Distanz und Abwehr reagieren und die Geduld der Polizei
herausfordern. Die Perronis sind alteingesessene Venezianer, genießen
einen angesehenen Ruf und pflegen einflussreiche Beziehungen. Darum
dauert es nicht lange, bis Silvia Bertuzzi, die Leiterin der
Dienststelle, vom Bürgermeister bedrängt wird und
von ihrem Team zügig Ergebnisse erwartet werden.
Die
Situation erweist sich als kompliziert, als sich im Hotelbereich ein
weiterer Mord ereignet und außerdem Carlo Perroni verschwindet ...
"Venezianischer
Fluch" ist mein erster Kriminalroman von Daniela Gesing, obwohl
Luca Brassoni und seine Kollegen bereits das neunte Mal ermitteln.
Die
Geschichte
bietet das, was ich von diesem Genre erwarte: ein differenziert
konstruierter
Plot mit Opfer(n), energischen
Ermittlern,
nachvollziehbarer Spurensuche,
vielen
Verdächtigen,
falschen
Fährten, interessanten Geheimnissen und nicht zu vergessen mit
unterschiedlichen Emotionen.
Daniela
Gesing hat eine angenehme Erzählweise, in der mich lediglich
am Anfang die
diversen
italienischen Bezeichnungen irritiert
und meinen Lesefluss beeinträchtigt
haben. Ansonsten
ist die Handlung nachvollziehbar dargestellt, und
die Schilderung
der Ereignisse
und Ermittlungen
erfolgt
mit einen
wirksamen
Spannungsbogen.
Daneben gelingt es der
Autorin,
die Neugier hinsichtlich einiger
rätselhafter
Wechsel
in die Sichtweise des identitätslosen Täters
hoch zu halten und ein paar Überraschungsmomente einzubauen.
Hervorzuheben
ist außerdem die gekonnte Beschreibung
die örtlichen Schauplätze. Hierdurch
ist
vor meinem geistigen
Auge ein lebendiges
Bild
von Venedig entstanden,
ohne
dass
ich die Lagunenstadt bislang in
der Realität
kennengelernt habe.
Der
Roman punktet mit Figuren, die Daniela Gesing überzeugend gestaltet
hat. Als besonders wohltuend empfinde ich es, dass sympathische
Menschen mit einem normalen Familienleben, bei dem
Organisationstalent gefragt ist, agieren sowie Kollegen ihre Arbeit
ohne Konkurrenzdenken gemeinsam erledigen und auftretende
Meinungsverschiedenheiten gleichberechtigt klären. Natürlich gibt
es auch diejenigen Charaktere, bei denen auf eine Begegnung
verzichtet werden könnte, weil ihre negativen Eigenschaften
überwiegen. Doch in gewissen Maß habe ich auch bei diesen geringe
positive Wesenszüge entdeckt, wenngleich das ohne Übertreibung
sehr schwer gewesen ist.
Nach der Lektüre habe ich den Eindruck, dass neben dem Kriminalfall die Konflikte von
Menschen, die in Verbrechen involviert werden, im Mittelpunkt stehen.
Luca
Brassoni ist bald Vater von zwei Kindern. Meines Erachtens nach ist
er aus diesem Grund darauf bedacht, dass die Ermittlungen seine
Familie nicht beeinträchtigen, was allerdings nicht unbedingt
funktioniert, weil seine Ehefrau Carla in den Fokus gerät.
Magda
Perroni hingegen hält die Zügel straff in der Hand, von den
Meinungen ihres Ehemannes Bernardo und ihrer Kinder Livia und Carlo lässt sie sich
nicht beeinflussen. Sie gerät in den Strudel der Ereignisse, die
alles verändern.
"Venezianischer
Fluch" ist ein unterhaltsamer Kriminalroman, den ich gerne
gelesen habe, so dass ich mich auf ein "Wiedersehen" mit
der venezianischen
Mannschaft samt
Picco, dem tierischen Profiler, freue.
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Der Roman ist im Maximum Verlag erschienen, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
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