„Die
Welt war so viel größer als all das. Einen winzigen Augenblick lang
hatte sie ihre Flügel ausstrecken dürfen, um sie zu erkunden, bevor
ihr Vater sie erneut in einen goldenen Käfig gesperrt hatte. Würde
sie je wieder Gelegenheit bekommen, daraus auszubrechen?“
Ihre
Schönheit und ihr Temperament haben Marigold Clayton, Tochter aus
wohlhabenden
Hause, kein Glück beschert. Ein unbedachter Kuss, zu dem sie vom
Verlobten ihrer Schwester verführt wird, verwickelt sie
unverschuldet in einem Skandal und
bringt ihr den Ruf als undamenhafter Tollkopf ein.
Ein Unding in der Londoner Gesellschaft des Jahres 1769. Marigolds
Vater zieht die Konsequenzen, zumal sie
nicht nur ihrem Ansehen
geschadet, sondern zugleich auch die Heiratsabsichten ihrer jüngeren
Schwester
Frances zunichte gemacht hat. Obwohl
Marigold nicht
viel auf das Geschwätz der Leute gibt,
bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
An
der Seite ihres Onkels Absalom, Handelsbeauftragter der Hudson’s
Bay Company in der Provinz Québec
reist sie
nach Kanada. In Montreal soll sie nicht nur auf den Pfad der Tugend
zurückgeführt
werden, sondern auch einen passenden Ehemann finden.
Marigold
öffnet sich eine völlig andere Welt und
ihre
Ansichten und ihr
Gewissen werden auf eine harte Probe gestellt. Sie erhält leidvolle
Einblicke hinter die Fassaden der sogenannten besseren Kolonialgesellschaft,
in
das Leben der Siedler und Ureinwohner.
Letztlich gerät
sie
in dramatische Konflikte der
sich gegenüberstehenden unterschiedlichen Parteien
und sodann Gefahr, als sie entdeckt, dass ihr Onkel ein dunkles Geheimnis
hütet. Sie muss folgenschwere Entscheidungen treffen und weiß nicht, wem sie
vertrauen kann. Ist beispielsweise Kieran, ein Angestellten ihres
Onkels, jemand, der es ehrlich mit ihr meint?
„Marigold.
Gegen den Wind“ ist ein historischer Roman, der sich neben der
Geschichte einer jungen Frau im gesellschaftlichen Kontext einem
interessanten Thema widmet: dem Pelzhandel in den britischen Kolonien
des 18. Jahrhunderts und
der damit einhergehenden begehrlichen Rücksichtlosigkeit gegenüber
der ursprünglichen Einwohner – Menschen wie Tieren.
Dabei
gelingt Camilla Warno die
Einbindung dieses eher unbekannten historischen Hintergrundes auf
beachtenswerte
Art und Weise, weil dies in Form teilweise
bedrückender
und
vielfältiger
kämpferischer
Momente und mittels
überraschender
Ereignisse und unerwarteter
Wendungen vorgenommen
wird. Ab
und an wirken diese Wechsel indes zu viel und haben einen unruhigen
Verlauf.
Davon einmal abgesehen erzählt die Autorin mit Enthusiasmus und entwickelt
eine glaubhafte Schilderung mit
einer
anschaulichen und lebhaften Beschreibung des Geschehens, in
der auch heitere Augenblicke ihren Platz finden.
Hierdurch
visualisiert sich
für uns
ein reales Bild vergangener Zeit, das
mit einer ans Herz rührende Liebesgeschichte
ergänzt
wird.
Camilla Warno bindet uns
gut
in das emotionale Auf und Ab ihrer Protagonisten ein. Sie hat eine recht ausgewogene Charakterzeichnung zwischen „Gut“ und
„Böse“ geschaffen, in der Sympathien und Antipathien zwar
überwiegend eindeutig verteilt werden,
gleichwohl
Nuancen in der Gestaltung vorhanden sind.
Marigold
nimmt
als titelgebende Figur
die
herausragende Stellung ein. Sie
ist eine junge Frau mit kühnem Selbstvertrauen, die ihre Umwelt mit
Offenheit und Neugier betrachtet, diese
hinterfragt und sich mit ihr auseinandersetzt, großes Interesse an
Büchern und der Anhäufung von mehr Wissen hat und liebend gern eigene Träume
verwirklichen möchte.
Marigold
agiert mit Feingefühl, manchmal
auch – will
man es ihr verdenken – unerfahren, spontan und naiv. Und
sie ist
nicht
frei von Vorurteilen, Skepsis und
Misstrauen,
wiederum sehr menschliche Eigenarten. Bemerkenswert ist ihr
couragiertes Auftreten für andere, das sich im Verlauf der Handlung
verstärkt. Und ihr Wille, sich einen Platz in der Welt zu erkämpfen ...
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Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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