1966
teilt die Mauer Deutschland mittlerweile seit fünf Jahren in zwei
Staaten, und Autowerkstattbesitzer Gustav nutzt seine weitgehende
Reisefreiheit und schmuggelt lebende Güter über die Grenze von der
DDR in die Bundesrepublik. Ein gefährliches Unterfangen.
Bei
den Thalmeyers arbeiten in der Manufaktur gut vierzig Personen,
wenngleich auch die Nachfrage nach Porzellan nachgelassen hat. Dem
Wirtschaftswunder ist ein wenig die Luft ausgegangen. Doch Marie,
verantwortlich für die Verwaltung der Manufaktur und Sophie,
zuständig für den Außendienst, haben schon einige Schlachten
geschlagen und private Verluste erlitten. Aber die Geschäfte führen
sie klug, und sie wollen das Familienunternehmen in fünfter
Generation erhalten. Müssen sie sich den veränderten Wünschen der
Konsumenten anpassen, oder sollen sie wieder etwas wagen? Denn das
ist bisher immer ihre
Stärke
gewesen. Es
anders zu machen als die anderen und
dadurch zwei
Kriege und unzählige Krisen zu
überstehen.
Das
Verhältnis von Marie zu ihrer Tochter Jana ist angespannt, innige
Augenblicke sind eher selten. Jana wird flügge und verlässt die
heimatlichen Gefilden Richtung München, um Jura zu studieren. Der
„Backfisch“ ist froh, endlich der kleinbürgerlichen Enge der
Provinz zu entgehen und wild entschlossen, all das nachzuholen, was
sie bislang versäumt zu haben glaubt.
Dank
Onkel Joachim, der als Künstleragent viel unterwegs ist, bekommt sie
in seiner Wohnung ein eigenes Zimmer mit Balkon. Die tolle Großstadt
lockt mit neuen Möglichkeiten und Gefahren. Das ahnt Jana allerdings noch
nicht. Jetzt erst einmal gibt sie sich Mühe, bei allem dabei zu
sein.
Joachim
Thalmeyer, fungiert nach wie vor als stiller Teilhaber und überlässt
es seinen Schwestern, sich um die Porzellanmanufaktur zu kümmern.
Seine Welt sind die Musik und das Fernsehen, und seine Künstler machen alle ausnahmslos Karriere.
Dauerfeind
Karl Metsch ist gestorben und hat den Staffelstab der Feindschaft an
seinen Sohn Abel weitergegeben, der bereits vor dem Tod
des Vaters die Geschäfte an sich gerissen hat, tatkräftig
unterstützt von seiner nimmermüden Mutter Alexandra.
Nun
versucht Abel Metsch als Verleger der regionalen Zeitung
„Oberfränkische Stimme“ seine Macht auszuspielen und neue
Intrigen zu ersinnen. Der erklärte Widersacher der Thalmeyers
schafft es bis zum Bürgermeister. Wird es ihm letzten Endes gelingen,
seine Erzfeinde zu bezwingen und die
verfluchten
Thalmeyers
aus Selb zu
jagen,
ihre Porzellanmanufaktur in den Konkurs zu treiben oder
gar selbst zu übernehmen?
Wie
schon in den Vorgängerbänden der Reihe „Die Porzellanmanufaktur“ legt Stefan Maiwald auch im dritten Band „Zerbrechliche
Träume“ nicht nur den Fokus auf die Vorgänge in und um die
Porzellanmanufaktur, sondern bindet das Zeitgeschehen und die
herrschenden Gegebenheiten in der Bundesrepublik der Sechziger Jahre
ein.
Deshalb
bin ich wieder begeistert von seiner hervorragenden Recherchearbeit.
Insbesondere gefällt mir, wie er mit scheinbar leichter Hand
geschichtliche und gesellschaftliche Momentaufnahmen in einer Fülle
aufbereitet, die das Wissen erweitert, ohne die Wirkung eines
Sachbuches zu versprühen. Nur wenn der Autor – wie aus meiner
Sicht beim Thema Golf – zu sehr in die Tiefe geht, nimmt die
Leseaufmerksamkeit etwas ab.
In
„Zerbrechliche Träume“ bleibt Stefan Maiwald von Anfang an seinem
gewählten Erzählstil treu und schildert den Verlauf der Ereignisse
stringent, dynamisch und in kurzen Kapiteln klar strukturiert. Er
verzichtet dieses Mal – mit wenigen Ausnahmen – bei den
Perspektivwechseln auf diejenigen in die Vergangenheit und beschränkt
sich diesbezüglich in der Handlung auf gelegentliche Hinweise.
Der
Autor schafft in seiner mittlerweile gewohnten Handschrift ein
authentisches und
buntes Bild der damaligen Zeit und
Umstände und
paart sie
mit stimmungs- und
humorvoller
Lockerheit.
Seine
bekannte Figurenriege, deren Charakterisierung er verfeinert und
teilweise mit weiteren Konturen versehen hat, ergänzt er mit den
Auftritten neuer fiktiver und daneben einiger realer
Persönlichkeiten. Beispielsweise wird Koch Paul Bocuse in die
Handlung eingebunden, und Mime Klaus Kinski darf in unverkennbarer
Weise einen bezeichnenden Auftritt haben.
Leider
heißt es nunmehr Abschied nehmen von der Familie Thalmayer, von
ihren Wegbegleitern, Freunden und Feinden. Ich habe ich gefreut, dass
ich sie über einen großen Zeitraum ihrer Lebens begleiten durfte.
Vielleicht gibt es ja irgendwann noch einmal ein „Wiedersehen“.
4,5
Sterne
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Der Roman ist im Maximum Verlag erschienen, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
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