Seiten

Sonntag, 30. Juni 2019

Zwei an einem Tag: Ich werde fliegen


New York 1993/1994. Lucy Adler ist 17, jeweils zur Hälfte Jüdin und Italienerin, stammt aus einem liebevollen Elternhaus und hat einen schlauen Kopf, mit dem sie alles hinterfragt. Sie geht auf eine elitäre Privatschule in Manhattan, spielt mit sehr viel Talent Basketball. Es gibt nur zwei Probleme. Sie ist ein Mädchen, und sie ist heimlich in ihren besten Freund Percy verliebt. Mit dem kann sie zwar über französische Existenzialisten diskutieren, mehr als ihre Gedanken teilt er allerdings nicht mit ihr.

Percy selbst bekommt nämlich von Lucys Gefühlen gar nichts mit. Er sieht gut aus, ist den Mädchen gegenüber sehr aufgeschlossen und wechselt sie wie Kaugummi, ohne je wirkliche emotionale Bindungen einzugehen. Percy bewegt sich mit Leichtigkeit durch die Welt, hat ein echtes Problem mit Autoritäten, nutzt jedoch die ihm als Sohn reicher Eltern gegebenen Freiheiten aus und versucht gleichzeitig, sich deren Einfluss zu entziehen. Im Grunde bleibt ihm aber wegen seiner schlechten schulischen Leistungen nichts anderes übrig, sich dem Willen und den Konventionen zu beugen, weil er ohne Hilfe keine Möglichkeit hat, auf einer Elite-Universität angenommen zu werden. Etwas, das für Lucy keine Mühe darstellt...


Dana Czapnik wurde in New York geboren und ist begeistert von ihrer Heimatstadt. Das wird in ihrem Debütroman „Ich werde fliegen“ in einer sehr intensiven Art und Weise durch umfangreiche und atmosphärisch dichte Beschreibungen deutlich. Die Detailverliebtheit ist für indes für Außenstehende, die New York nicht kennen, in ihrer Üppigkeit das eine oder andere Mal zu viel.

Ansonsten fällt die Autorin mit einem lebhaften Schreibstil auf, der aufrichtig und authentisch klingt und mit jugendlicher Energie angereichert ist. Leider zeigt sich hierbei ebenfalls ein Hang zur Ausschweifung, der das Lesen ab und an anstrengend macht.

Dana Czapnik hat sich hervorragend in das Seelenleben ihrer Protagonistin hineinversetzt, wenn diese aus ihrer Sicht über ihre Stadt, ihre Generation, die Klassenunterschiede in der Gesellschaft, ihre Zukunft und Träume, ja auch über ihr Liebesleben und die Stellung der Frauen nachdenkt. 

Lucy ist kein Mädchen von der Stange. Sie ist keine Schönheitskönigin, eher eine Außenseiterin, die sie ab und an danach sehnt, einem bestimmten Ideal zu entsprechen.

Nietzsche sagt, dass Schönheit dann am edelsten ist, wenn sie allmählich in das Herz und den Verstand einsickert. Er nennt es den langsamen Pfeil der Schönheit. Die Art von Schönheit, die man zuerst vielleicht gar nicht wahrnimmt, die uns dann aber nicht mehr loslässt. Was für eine wunderbare Vorstellung. Ich wünschte, ich könnte daran glauben.“ (Seite 108 f.)

Dabei hat Lucy das mit ihrer aufgeweckten und erfrischenden Art, Dinge anzugehen, gar nicht nötig. In ihr verknüpfen sich Natürlichkeit mit Intelligenz und Nachdenklichkeit mit Verletzlichkeit, treffen Selbstbewusstsein auf Unsicherheit und Zynismus auf Weisheit.

Bei einem Blick in die Tiefen ihrer Seele entpuppt sich eine vielschichtige Persönlichkeit, die in sich die Tochter, Freundin, Basketballspielerin und das Mädchen mit Liebeskummer trägt, aber nicht zu denen gehört, die sich von ihrem Schmerz über unerwiderte Liebe brechen lassen.

Denn das Leben hält noch viel für sie bereit. Lucy wird ihre Flügel ausbreiten und fliegen…

3,5 Sterne
 

Zwei an einem Tag: Kaltenbruch


1954 sind im kleinen rheinischen Dorf Kaltenbruch die Folgen des Krieges noch spürbar. Neben der angestammten Dorfgemeinschaft leben hier jetzt unter anderem auch mehr schlecht als recht Flüchtlinge aus den einstmals deutschen Gebieten jenseits der Oder. Vor allem Frauen wie Berta Kaminski aus Breslau, ohne einen Mann, aber mit vielen Kindern, haben es schwer. Die Integration ist verhalten, Misstrauen/Argwohn und Ablehnung – bis auf wenige Ausnahmen – groß.

Während beispielsweise seine Geschwister Anfeindungen ausgesetzt sind, ist Rudi Kaminski anerkannt. Auch Marlene, die als Kind in Köln ausgebombt wurde und dabei ihre Mutter verlor, hat es nach Umwegen über Großmutter und Heim gut getroffen. Sie ist auf dem Bauernhof der Leitners, wo sie gemeinsam mit der Mutter einige Sommer verbracht hatte, untergekommen. Genauso wie Dana, deren Mutter den Platz der verstorbenen Frau Leitner eingenommen hat.

Da geschieht ein Mord und stellt das stillschweigende Arrangement der Dorfbewohner auf den Kopf. Der siebzehnjährige Heinrich Leitner, genannt Heini, liegt mit einer Axt hinterrücks erschlagen auf dem Erdbeerstand, an dem er kurz zuvor noch mit Marlene gesehen worden war. Statt ihrer wird Gruber, ein Dorfbewohner, der bekanntermaßen dem Alkohol verfallen und keiner Schlägerei in der Kneipe abgeneigt ist, blutbesudelt am Tatort aufgefunden. Allerdings beteuert er vehement seine Unschuld. Und Schlüter, Fabrikant und sein Arbeitgeber, nur sekundär an Politik interessiert, einer, der immer alle gut behandelt (hat, auch die Zwangsarbeiter), besorgt ihm einen Anwalt.

Es ist am Düsseldorfer Kommissar Peter Hoffmann, die Frage zu klären, ob Gruber der Täter ist. Unterstützung erhält er vom jungen schlaksigen Polizeimeister Kröger, der im Dorf seinen Dienst verrichtet, und Lisbeth Pfau, die zunächst lediglich kommentarlos als Schreibkraft fungieren soll, dann aber beweist, dass sie durchaus zu eigenen klugen Überlegungen fähig ist.

Schnell beißt sich der äußerst unwillig agierende und überheblich wirkende Hoffmann an Gruber als Täter fest und will diesen so möglichst bald überführen, um das Provinznest verlassen zu können. Doch nur wenige Tage später wird Gruber selbst zum Opfer und kommt gewaltsam zu Tode. Hat Heinis Mörder erneut zugeschlagen?



Michaela Küpper hat für ihr Debüt „Kaltenbruch“ einen interessanten, selten besehenen Zeitpunkt gewählt. Fast zehn Jahren nach dem zweiten Weltkrieg sind die Menschen zwar wieder zu einer gewissen Normalität zurückgekehrt, die Nachwirkungen des Krieges prägen sie und ihren Alltag, der vor allem aus harter Arbeit besteht, indes immer noch. Die Dorfgemeinschaft ist nicht mehr unter sich. So wundert es nicht, dass Zugezogenen gegenüber wenig Akzeptanz bekundet wird, vielmehr Unbehagen und ebenso Missgunst vorherrschen. Die Autorin skizziert mit wachem Auge die unterschiedlichen Figuren, und nach einiger Zeit gelingt es, sie zuzuordnen. Die Darstellung zeigt sich als einleuchtend und glaubwürdig, erschließt jedoch das eine oder andere Mal erst im Verlauf der Handlung.

Peter Hoffmann sieht auf den ersten Blick aus wie ein Pennäler, verhält sich allerdings nicht so. Auch auf den zweiten Blick ist er kein Zeitgenosse, dem die Sympathie zufliegt. Vielmehr stößt die Art, wie er mit Gruber umgeht, unweigerlich ab. Aber auch Hoffmann hat sein Päckchen zu tragen und offenbart gewisse Schicksalsmomente, in denen das Verständnis für ihn wächst.

Der Plot in seinem historischen Gewand ist merkbar detailliert recherchiert und durchdacht. Er präsentiert einen kniffligen Kriminalfall, mit Raum für eigene Überlegungen, ohne diesen in den Mittelpunkt zu setzen. Die Geschichte wird wechselnd aus Sicht einzelner Figuren erzählt.

Michaela Küpper schreibt ohne Effekthascherei, zurückhaltend und manchmal distanziert, bringt das Wesentliche aber mit überzeugenden und ergreifenden Bildern nahe, besonders wenn es darum geht, die beklemmende Vergangenheit zu schildern. Dabei entsteht leider auch eine Gefühlskälte, die erst nach und nach aufgebrochen wird und im gegenwärtigen Geschehen nicht durchgängig tiefgreifende Emotionalität aufweist.

Trotzdem ist „Kaltenbruch“ ein lesenswerter Roman mit einer gut aufgearbeiteten Zeitgeschichte und Protagonisten, die sich in kein Korsett pressen lassen, deshalb auffallen und mögliches Potential für ein Wiedersehen bieten.


*Werbung*
Erschienen ist der Roman bei Droemer Knaur, ich danke dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

Freitag, 28. Juni 2019

Juniblüte zum Zweiten




Erkennt ihr den Unterschied? Vor einer Woche sah der Lavendel noch so aus. Heute sind die ersten Blüten geöffnet, und gleich "melden" sich die Bienen zur Arbeit.




Auf diese rosafarbene Rose bin ich sehr stolz. Sie ist schon sehr alt, stammt noch aus dem Garten meiner Schwiegermutter und scheint endlich im schwanenweißen Garten "angekommen" zu sein...


Außerdem passt sie in ihrer Farbe gut zur üppigen Queen Elizabeth.


Fortsetzung folgt...

Dienstag, 25. Juni 2019

Juniblüte zum Ersten

Auch im schwanenweißen Garten ist (Rosen)Blütenzeit. 


Darum gibt es den ersten Teil von ein paar Bilder vom letzten Freitag,
als noch einige Wassertropfen auf allem lagen.


Die rosafarbene Rose hat es hinter den Apfelbäumen etwas schwer.
 Sie bekommt nicht so viel Licht.


Wahrscheinlich ist sie deshalb auch gute zwei Meter hoch
und hat kräftige Stämme.



Die Glockenblumen waren so frei, sich selbst auszusäen.


Ich lasse sie, denn sie geben einen hübschen Anblick, 
bis die Hortensien sich entfaltet haben.


Einstweilen duftet die "Madam" Tuscany, dass es eine Freude ist.


Und ist die Farbe nicht grandios, liladunkelrot nenne ich sie.


Fortsetzung folgt...

Montag, 24. Juni 2019

Was mir von dir bleibt

Manche Bücher machen es mir schwerer als andere. Diese Bücher beginne ich, lege sie eine Weile beiseite, fange dann erneut an und lese sie in einem Rutsch durch. Zu diesen “schwierigen” Werken gehört Adam Silveras „Was mir von dir bleibt“. Und dabei kann nicht nicht einmal genau erklären, warum das so ist. Aber ich will es zumindest versuchen.

Zunächst einmal liegt es an der Thematik. Adam Silvera schreibt über die gleichgeschlechtliche Liebe und spielt von Anfang an mit offenen Karten:

Theo McIntyre ist tot, er wird nie mehr zurückkehren. Zurückbleiben nicht nur seine Eltern und seine kleine Schwester, sondern auch Griffin, der mit ihm seinen Lieblingsmenschen und die erste große Liebe verliert, und Jackson, sein aktueller Freund. Denn Griffin hat sich von Theo getrennt, als dieser wegen seines Studiums nach Kalifornien gezogen ist. Und die Hoffnung, die Beziehung irgendwann fortsetzen zu können, zerschlägt sich, als Theo Jackson kennenlernt und sich im Grunde entliebt. Obwohl sie dadurch unweigerlich zu Konkurrenten geworden sind, stehen nun sowohl Griffin als auch Jackson vor einem gemeinsamen Verlust und ahnen nicht, dass sie einander retten werden.

Du hast uns allein gelassen. Dein Tod hat uns zu zwei Teilen in diesem zusammengestümperten Puzzle gemacht, das sich noch nicht recht zu einem Bild fügen will, aber trotzdem etwas erkennen lässt: zwei verliebte Jungs. Verliebt in jemanden, der nie mehr zurückkehrt.“ (Seite 242 f.)

Griffin und Jackson beginnen miteinander zu sprechen und offenbaren dem jeweils anderen die Erlebnisse, die sie mit Theo verbinden. Stück für Stück setzen sie das Puzzle zusammen und unternehmen im Angesicht ihrer Trauer den Versuch der Annäherung und Reparatur...


Adam Silvera erzählt die hauptsächlich in New York und daneben in Los Angeles angesiedelten Geschichte zwar aus der Ich-Position von Griffin, allerdings nicht linear und aus zwei Blickwinkeln heraus. Neben der 2016 einsetzenden Gegenwart ist es die Vergangenheit im Jahr 2014, die mit dem Outing von Theo und Griffin Relevanz erhält, als die beiden innerhalb des Dreiergespanns, zu dem noch Wade gehört, ihre Gefühle füreinander begreifen.

Der achtundzwanzigjährige Autor, selbst homosexuell, schildert mit erstaunlicher Ruhe und einem treffsicheren Selbstverständnis ein Thema, das nicht nur in der Gegenwartsliteratur nach wie vor keine uneingeschränkte Akzeptanz erfährt. Hingegen trifft die gleichgeschlechtliche Beziehung unter Jugendlichen in seinem Roman auf positive Resonanz. Griffin und The müssen sich nicht ständig erklären. Ihre Familien heben sich wohltuend von den sonstigen Bedenken und Abneigung äußernden Elternpaaren ab, sind geprägt von Offenheit und Empathie, komplizieren das Verhältnis ihrer Söhne nicht, sondern geben ihnen jedwede Unterstützung und Zustimmung. Ja, es entsteht der Eindruck, dass Homosexualität und damit Sexualität kein Problem ist, sondern eben eine „normale“ Sache zwischen heranwachsenden Liebenden ist. So wie es sein sollte.

Adam Silvera bringt es tatsächlich fertig, eine Welt zu schaffen, deren Mittelpunkt nicht der sonst übliche vorherrschende Weltschrott von kaputten Beziehungen und Intoleranz ist. Denn auf Grund des endgültigen Verlustes durch den Tod ist die Tragik schon ergreifend und gefühlsbestimmt genug. Das mag ein wenig fernab der Realität erscheinen. Es passt indes gut zum Verhalten von Griffin, der sich zur Verarbeitung seiner Trauer in Paralleluniversen denkt und daraus Hoffnung schöpft. Tatsächlich ist es so, dass Griffin Theo als stillen Beobachter und Zuhörer betrachtet, dem er mit erstaunlich ausgeprägter Fähigkeit zur Selbstreflektion wie beiläufig noch einmal ihre gemeinsame Geschichte wiedergibt.

Hinzu kommt, dass es Adam Silvera gelingt, neben der Fülle an emotional aufwühlenden Gefühlen, auch heitere Akzente zu setzen, Hoffnung und Zuversicht aufzubauen.

Hervorzuheben ist außerdem die Komplexität seiner Figuren, deren Darstellung Realitätsnähe und Facettenreichtum aufweist. Vor allem Griffin fällt zweifelsfrei auf, prägen ihn doch seine enorme Sensibilität und außerdem seine Zwangsstörungen. Gerade Zahlen, das Gehen auf der richtigen Seite machen sein Leben aus, Theo hat das akzeptiert. Als Theo nicht mehr da ist, befinden sich Griffins Empfindungen in einem ständigen Auf und Ab, und seine depressiven, angstbeeinflussten Zustände nehmen einen großen Teil seines Daseins ein. Und zur Trauerbewältigung gesellt sich die Frage, ob Griffin einen Weg zu sich selbst und zu einer gewissen Normalität finden wird.


Was mir von dir bleibt“ ist ein queeres Jugendbuch, das sich nicht nur mit viel Herzblut und Glaubwürdigkeit der gewählten Materie hingibt, sondern diese auch auf überzeugende und altersgerechte Weise umsetzt.

4,5 Sterne


*Werbung*
Erschienen ist der Roman im Arctis Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.

Montag, 17. Juni 2019

Duftexplosion


Zu beiden Seiten unserer Terrasse habe ich bei unserem Einzug ins Haus Duftjasmin gepflanzt. Dieses Jahr habe ich den Einruck, dass sie besonders üppig blühen. Und dieser berauschende Duft. Ihr glaubt nicht, wie oft die Blüten bereits als Fotoobjekt herhalten mussten. Meist schien die Sonne. Am Sonnabend Vormittag jedoch zog ein Gewitter auf. Ich finde, die Bilder können sich trotzdem sehen lassen. Oder was meint ihr?












P. S. Habt ihr die kleinen und klitzekleinen Besucher entdeckt?

Sonntag, 16. Juni 2019

Sonntagsspezial: Beziehungen - 16. Juni 2006


Nach dreizehn Jahren Ehe haben Herr Schwanenweiß und ich heute die Maiglöckchenhochzeit gefeiert.


Das Maiglöckchen ist das Symbol für Liebe und Glück, das Heil der Welt und Ende allen Kummers. Es steht für Seelenreinheit, Sittsamkeit und einen glücklichen Neuanfang und Herzensstärke.


Leider habe ich keine Maiglöckchen für euch. Aber ich denke, diese bunten Zauberglöckchen sind eine passende und hübsche Alternative.



Sonntagsspezial: Beziehungen - Hufspur in den Dünen


Rechtsanwältin Julie Sommer hat hoch im Norden gerade erfolgreich die Übernahme eines Familienunternehmens vermittelt. Noch am Abend befindet sie sich auf der Heimreise nach München. Doch die Straße ist für den mondänen McLaren ihres Chefs, mit dem sie unterwegs ist, nicht gemacht. Ein Schlagloch, und die Achse ist gebrochen. Sie hat insoweit Glück. Der alte Björn „sammelt“ sie auf und bringt sie zum Schröder-Hof. Schnell merkt Julie, dass es sich bei dem Hof genau um jenes Objekt handelt, für das in ihrer Kanzlei im Namen einer Hotelkette Kaufverhandlungen führt, die bislang erfolglos geblieben sind. Bietet sich hier eine Chance für Julie? Wenn sie es schafft, den Eigentümer, David Schröder, zu überzeugen, einem Verkauf zuzustimmen, rückt möglicherweise die lang ersehnte Teilhaberschaft in der Kanzlei, die einst ihr Vater mitgründete, in greifbare Nähe.

Während Julie auf die Reparatur des Wagens warten muss, beginnt sie, an Hintergrundwissen zu gelangen. Das ist noch das Einfachste. Denn mit einer unwahrscheinlichen Leichtigkeit schleichen sich nicht nur die menschlichen, sondern auch die tierischen Bewohner des Hofes in ihr Herz, allen voran David. Und plötzlich ist sich Julie hinsichtlich ihrer Lebensplanung nicht mehr sicher, entfernt sich von den so nah geglaubten Zielen. Will sie wirklich alles aufgeben für einen Mann und einen Hof, der wirtschaftlich vor dem Aus steht und keine Zukunft zu haben scheint?


Julia K. Rodeit hat eine einnehmende und erfrischende Art zu schreiben, und ihr gelingt es in "Hufspur in den Dünen" mühelos, mit ihrem ansprechenden Gesamtkonzept, das auch anschauliche Bilder einschließt, einen wunderbaren Rahmen für ihre romantische Liebesromanze zu erstellen. Sie kombiniert die scheinbare Idylle eines Reiterhofes mit handfesten Problemen, ohne jedoch strapazierend dramatisch zu sein. So wird eine durchaus mögliche Realität mit etwas schriftstellerischer Fiktion verknüpft, wobei es einerlei ist, ob sich einiges im Fortgang der Handlung erahnen lässt. Die Autorin ist trotzdem in der Lage, ihre Leser in das lebhafte Geschehen einzubinden, sie mitempfinden und hoffen zu lassen.

Zu Gute kommt ihr hierbei auch der Charme der gewählten Kulisse: ein Hof in der Nähe der Ostsee, also weites Land, Meer, Strand und Dünen. Julia K. Rodeit fängt das Flair im Norden wunderbar ein. Dazu Pferde und andere Tiere. Das geht an vielen nicht spurlos vorbei, und nicht nur Pferdefreunde dürften sich wohlfühlen.

Besonders stimmig wird die Handlung durch die Mischung an auftretenden authentischen und liebenswerten Cahrakteren, sowohl bei den Menschen als auch bei den Tieren. Nicht nur kauzige Typen wie Björn oder sein Bruder Ole, sondern auch Davids Mutter Helga, seine Schwester Patricia, Pony Peppi, Stute, Nelly, Hund Kebab und Katze Lucky, machen die Geschichte rund. Vor allem die sechsjährige Emily, Davids Nichte und der Wildfang des Hofes, begeistert mit ihrer natürlichen Art, mit Pferden umzugehen. Sie ist bereits jetzt eine kleine Pferdeflüsterin und stiehlt ihrem Onkel das eine oder andere Mal die Show.

David gehört zu den bodenständigen Menschen, die vor Schmutz und Arbeit nicht zurückschrecken. Der Hof mit allem Drum und Dran bedeutet ihm viel, und er bemüht sich darum, ihn für sich und seine Familie zu erhalten. Als er Julie näher kennenlernt, stellt er fest, dass sie eine Frau ist, die mehr in sich trägt, als der erste Blick offenbart.

Julie ist gut in dem, was sie tut. Sie beweist, dass – entgegen in einigen Köpfen vorherrschenden Meinung – Rechtsanwälte auch Menschen sind und nicht nur mit rücksichtslosen Mitteln, sondern ebenso mit großem Einfühlungsvermögen agieren. Julie hat sich ihren bisherigen Erfolg mühsam und hart erkämpft, zwar ihre Karriere im Blick, indes mehr aus dem Grund, ihren Vater stolz zu machen: Sie möchte wieder Partnerin in der vom Vater gegründete Kanzlei werden und dafür sorgen, dass der Name „Sommer“ zurückkehrt.

Allerdings hinterlässt die Zeit auf dem Schröder-Hof bei Julie ihre Spuren. Da sind die neuen ungewohnten Gefühle. Solche von Unabhängigkeit und Freiheit. Und auch natürlich die aufkommenden für David. Aber wird das reichen?

Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Doch nicht nur.

Hufspur in den Dünen“ ist eine Geschichte, die das Herz wärmt und einem wahrlich Glücksmomente verschafft.

Samstag, 15. Juni 2019

Bleib du - Transgender, Transsexuelle, Transvestiten


Es ist gut, dass in den letzten Jahren die Thematik der Trans-Menschen wie Transgender, Transsexuelle und Transvestiten gesellschaftsfähig geworden ist. Trotzdem herrschen bei einigen Menschen immer noch Berührungsängste und Vorbehalte, die sich auf Unwissenheit und Unsicherheit hinsichtlich der Unterscheidung der Bezeichnungen begründen. Im Folgenden soll mit kurzen Beschreibungen ein Überblick gegeben werden.

Doch lasst euch zunächst eine Geschichte erzählen:

Mein Sohn hat während seiner Grundschuldzeit mit dem Handballspielen begonnen und war nicht nur im Unterricht, sondern auch in der Freizeit aktiv. In seiner Mannschaft spielte Lea*. Das Mädchen trug kurze Haare und fiel zwischen den Jungen überhaupt nicht auf. Oft begleitete ich die Kinder zu Turnieren und begegnete anderen Eltern. So auch Leas Mutter, die mir erzählte, dass Lea mit „Mädchensachen“ überhaupt nichts am Hut hatte. Das schloss auch Kleidung mit ein. Damals machte ich mir keine Gedanken darüber, schließlich kam es des Öfteren vor, dass Mädchen die Zwanglosigkeit des Jungendaseins gut fanden. Bei Lea war das anders und nicht nur eine Laune. Denn als ich "sie" Jahre später auf der Schulabschlussveranstaltung wieder gesehen habe, stand auf der Bühne kein sechzehnjähriges Mädchen, und für sämtliche Mitschüler war das kein Problem. Vielmehr schien jeder zu akzeptieren, dass statt einer Lea nun Leo* uns mit Gitarrenspiel und Gesang ein selbst geschriebenes Lied zum Besten gab.
Da wurde mir klar, dass Leo bereits als Kind gespürt hat, dass er tatsächlich kein Mädchen, sondern ein Junge ist...

* Der Name wurde zum Schutz des Persönlichkeitsrechts geändert.

******

Transgender (lat. trans „jenseits von“‚ „darüber hinaus“ und engl. gender „soziales Geschlecht“) sind Menschen, die Geschlechtergrenzen überschreiten. Sie können sich nur im geringen Maße oder überhaupt nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen, also biologisch „zugewiesen“ wurde, und fühlen, dass sie sich im falschen Körper befinden. Tatsächlich suchen sie sich das nicht aus, sondern werden so geboren. Für Transmänner und Transfrauen spielt dabei ihre sexuelle Orientierung keine Rolle, und nicht alle wollen ihr biologisches Geschlecht ändern. Die Bezeichnung Transgender schließt auch Menschen ein, die sich nicht oder nicht ausschließlich als Frau oder Mann sehen.

Auch Transsexuelle (lat. trans „jenseits von“‚ „darüber hinaus“ und sexus „Geschlecht(steil)“) fühlen sich unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung im falschen Körper gefangen. Sie haben den Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechts zu leben und anerkannt zu werden. Deshalb sind für viele von ihnen Hormonbehandlungen und geschlechtsangleichende Operationen wichtig, um mit ihrer gewünschten Geschlechtsidentität ihr Dasein bestreiten zu können.

Transvestiten (lat. trans „jenseits von“‚ „darüber hinaus“ und vestire „kleiden“) wiederum verwenden aus unterschiedlichen Gründen die Kleidung des jeweils anderen Geschlechts. So wird aus einem Mann eine Frau, aus einer Frau ein Mann. Entscheidender Unterschied ist, dass die „Umwandlung“ nicht dauerhaft ist. Übereinstimmend ist jedoch auch hier, dass die sexuelle Ausrichtung keinerlei Bedeutung hat.

******

Gern möchte ich euch noch an einer persönlichen Meinung teilhaben lassen, der ich uneingeschränkt zustimme. Deshalb kommt eine Gastbloggerin zu Wort, Patrizia von LESEN IM MONDREGEN schreibt:

Ich bin durch das Buch "Bus 57" von Dashka Slater zum ersten Mal mit dieser Thematik konfrontiert worden. Klar, wusste ich, was Transgender, -sexuell oder Transvestit bedeutet. Zumindest dachte ich das. Mir war nicht wirklich klar, welche Unterschiede es innerhalb noch gibt und wie wichtig das eigentlich ist. Irgendwie habe ich mir auch nie groß Gedanken dazu gemacht, weil es für mich persönlich egal ist, welches Geschlecht jemand besitzt, welchem er sich selbst zuordnet und ob überhaupt. Jedoch hat es mich nachdenklich gestimmt, denn unsere Gesellschaft ist leider noch immer nicht so weit fortgeschritten, dass diese Dinge einfach hingenommen werden. Ja, wir akzeptieren mittlerweile, dass Männer Männer lieben, Frauen Frauen, Geschlechtsangleichungen vorgenommen werden und und und, doch nicht alle und auch nur im Maße. Dieses Thema berührte mich, tut es noch immer, da es eine Schilderung eines schlimmen Falles war und ich kann bis heute nicht verstehen, wieso diese Menschen gemobbt, ausgeschlossen oder sogar körperlich verletzt werden. 

Die ganzen verschiedenen Bezeichnungen zeigen mir, wie vielfältig Menschen sind, wie sie sich fühlen. Egal ob sexuell oder aber das eigene Geschlecht betreffend. Und ich finde es gut. Jeder soll die Möglichkeit haben, selbst entscheiden zu können, es ausleben zu können und sich nicht vor der Gesellschaft oder bestimmten Menschen rechtfertigen und schlecht machen lassen zu müssen. Wer sind wir denn? Gott? Haben wir das Recht gepachtet, über Gut und Böse, Recht oder Unrecht - in diesem Fall - entscheiden zu können und jeden einzelnen anzumotzen oder weh zu tun, nur weil es nicht in unser Denken passt? Weil wir anderes vorgelebt bekommen haben und unseren Horizont nicht erweitern wollen? Wohl kaum. Bin ich mehr Mann, gut, bin ich mehr Frau, auch gut, bin ich weder noch, wieso nicht.

Wenn wir uns zu Karneval verkleiden, beispielsweise Männer als Frauen, ist das in Ordnung, doch fühlt sich jemand nicht als dessen Geschlecht, wessen er geboren wurde, zeigt das auch noch und man wird so aufmerksam auf ihn, muss dieser oftmals Anderes erfahren, und das im negativen Sinne. Jetzt haben es Schwule in unserer Welt schon nicht immer einfach - obwohl es ja zum Glück immer besser wird - Menschen, die eine andere Hautfarbe haben, aber wie müssen sich diese Leute fühlen? 

Sollte ich mit meiner Haarfarbe nicht glücklich sein, färbe ich sie einfach. Gefällt mir die Länge nicht, schneide ich sie. Das sind normale Dinge für uns, die nicht hinterfragt werden. Doch Trans-Menschen müssen sich mit Vorurteilen und Diskriminierung herumschlagen. Für mich ist das alles einfach furchtbar, engstirnig.

Noch immer wühlt mich so ein Thema total auf und ich könnte stundenlang darüber reden, weil es einfach so wichtig ist.

Ein Mensch bleibt ein Mensch, der Charakter bleibt der Charakter und jeder ist es wert, so akzeptiert und geliebt zu werden, wie man ist.

Eine Rezension zum von Patrizia genannten Buch findet ihr hier.

Alle Beiträge der Aktion "Bleib du", die von Katja, Netzwerk Agentur Bookmark, und Britt, Authors Assistant, initiiert wurde, sind hier gelistet.

Dienstag, 11. Juni 2019