Kim
Josephine gehört zu den 15-Jährigen,
die einem Buch nichts abgewinnen können und Lesen für überflüssig
halten. Damit steht sie nicht alleine da, und als ihre Klasse zu
einer „Läsung“ gehen soll, ist nicht nur sie irritiert, sondern
alle stöhnen: „Iiih,
was sollen wir da? Bücher lesen?“ (Seite 6) Und es kommt noch
schlimmer. Wider Erwarten ist Kim gefesselt von dem, was die Autorin
da vorliest, und kann kaum glauben, was passiert: Leah Eriksson
schreibt doch tatsächlich über sie
und ihre Familie und noch ein paar andere, die sie
kennt. Beispielsweise ihren Mitschüler Jasper, und der kommt im Buch
nicht gut weg. Das passt Kim gar nicht, und so beschließt sie, dass das Schicksal geändert werden muss. Was liegt da näher, als die
Autorin selbst darum zu bitten. Erst einmal höflich, dann mit etwas
mehr Druck...
Alina
Bronsky trifft in "Und du kommst auch drin vor" mit
ihrer ungezwungenen frischen Darstellung
gut den Ton,
wenn
sie ihre Protagonistin Kim aus ihrer Sicht erzählen lässt. Die
Fünfzehnjährige erscheint zwar auf den ersten Blick nicht unbedingt
sympathisch, um
sie gleich ins Herz zu schließen. Auch wird
schnell klar, dass sie nicht nur mitten in der Pubertät steckt,
sondern zudem recht
selbstbezogen und oberflächlich, ist, ohne sich dessen bewusst zu
sein. Sie
nimmt andere Menschen kaum zur Kenntnis, es
zählen vor allem ihre Sorgen und Nöte. Wobei trotzdem eine gewisse
Unsicherheit spürbar wird, weswegen die Freundschaft zu Petrowna
von großer Wichtigkeit ist. Jedoch schafft
es Kim im Verlauf der Handlung, nicht
mehr der typische, ein wenig schlichte Teenager zu sein. Sie
öffnet und entwickelt sich und
gewinnt
an
Format und lernt auf bemerkenswerte Weise, dass sie das Leben erst verändert, wenn sie sich selbst ändert.
In
ihrer Geschichte
thematisiert
Alina
Bronsky
neben
Freundschaft, Familie, Trennung, Engstirnigkeit und Eigensucht das
Erkennen von Weitsicht, Hingabe und Begeisterungsfähigkeit. Sie
schreibt
mit
einem Augenzwinkern und
stellt das
Geschehen und die Figuren überspitzt
dar.
Dabei
lässt sie nicht
nur ihre jugendliche Protagonistin in
einen
Spiegel schauen.
Vielmehr zeigt sie mit einem Schmunzeln, dass auch die
Erwachsenen menschlich und fehlerhaft sind. Und dass eine
Autorin wie
Leah Erikson nicht immer nur Charme versprüht, sondern mit den
Unzulänglichkeiten des Alltags zu kämpfen hat.
Deren Weigerung, den eigenen Roman zu korrigieren und deren Anmerkung,
Kim
würde nur rumsitzen und alle anklagen, ohne
auch nur einen Finger zu rühren, statt
eine eigene Handlung zu erfinden, treiben
Kim an und lassen sie aktiver werden, ja letztlich das Ganze mit
anderen Augen sehen.
Das
Leben bekommt nicht nur für Kim eine neue
Bedeutung. Denn ihre Freundin Petrowna, die ihre Intelligenz
unter einen rauen Schale versteckt und einerseits zu unterscheiden vermag, was
die wichtigen Dinge ausmacht, sich
aber andererseits wünscht, jemand anders zu sein, nämlich lieber
reich und langweilig, als arm und spannend, intensiviert ihre Talente.
Obwohl das Ende überraschend schnell und mit einer plötzlichen Wendung daherkommt, ist die Lektüre des Buches auch Interessierten fernab des anvisierten Lesealters zu empfehlen, weil sie einem mit einer ungewöhnlichen, gleichwohl unterhaltsamem Idee ein paar amüsante und außerdem nachdenkenswerte Momente beschert.
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