Dieses Jahr scheint ein gutes für die Schlehen zu werden. Die Sträucher in der freien Natur haben jedenfalls ordentlich Früchte angesetzt. Um sie wegen der enthaltenen Gerbstoffe besser verarbeiten zu können, braucht es etwas Frost. Idealerweise am Strauch...
Montag, 29. Oktober 2018
Sonntag, 28. Oktober 2018
Freitag, 26. Oktober 2018
Rezensionswoche 7. Tag: Ein gefährliches Abenteuer
Pero und Tomaž, zwei
Sechzehnjährige, die in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana zu Hause sind,
verbringen ihre Freizeit nicht wie andere Teenager. Vielmehr sind sie Kletterer
und stellen sich immer wieder neuen Herausforderungen. An einem der letzten
Wochenende in den Ferien wollen sie die Loska-Stena-Wand in den Julischen Alpen
erklimmen und fahren deshalb gemeinsam mit Tina, Tomaž' Schwester, nach Kranjska Gora. Auf dem
Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, Log pod Mangartom, der am Fuße der Wand gelegenen Siedlung, finden sie erst in
Franko und seinem klapprigen Gefährt die passende Mitfahrgelegenheit.
Bevor ihr
eigentliche Klettertour beginnt, hören sie im Gasthaus, wie ein alter Mann, der
sich als Großvater von Franko entpuppt, von einem riesigen Goldschatz erzählt.
Diesen hatten der ehemalige Bergmann und sein Freund Mlekuž einst in der Mine
gefunden und dann in einer Höhle, die sie auf der Jagd nach einer Gämse entdeckten,
versteckt. Die Tragik der Geschichte: Mlekuž blieb in der Höhle verschüttet
zurück, und der Großvater glaubt, ihn jeden Abend schreien zu hören, was erst enden
würde, wenn er ein Grab bekäme.
Nach einer Nacht im
Freien besteigen die Jungen die Wand und stellen fest, dass neben den bekannten
zwölf Höhlen tatsächlich eine versteckte dreizehnte existiert, in der sie einen
goldenen Schimmer bemerken. Haben sie den „Goldenen Zahn“ gesichtet? Doch noch
verschwenden die beiden keinen weiteren Gedanken daran. Erst als sie bei ihrer
Heimkehr in ihrem Verein erfahren, dass sie für eine Tour in den Himalaya 2000
Euro benötigen, wollen sie die Höhle mit dem Gold suchen. Sie ahnen nicht, dass
aus einem unbeschwerten Kletterausflug ein lebensbedrohliches Abenteuer wird. Denn
sie sind nicht allein hinter dem Gold her...
Tadej Golob dürfte in Deutschland eher unbekannt sein. Der
Slowene, Jahrgang 1967, arbeitete bereits während seines Journalistikstudiums
in Ljubljana bei der Sportredaktion des nationalen Fernsehens. Später war er Redakteur
und schrieb unter anderem Kolumnen für den Playboy. 2001 nahm Golob an einer
Expedition in den Himalaya teil und bestieg den Mount Everest. Sein Roman „Svinjske nogice“ erhielt
2010 den Preis für den besten slowenischen Roman des Jahres.
„Der goldene Zahn“ ist Tadej Golobs erstes Jugendbuch und offenbart
sich als facettenreiches Abenteuer, das nicht nur Jungen und Mädchen,
sondern auch Erwachsenen Lesefreude beschert. Der Autor überzeugt nämlich mit
einem anständigen Thriller, in dem der ausgeklügelte Plot durch glaubwürdig agierende
Protagonisten ergänzt wird.
Golob verwendet die ihm gegebenen Möglichkeiten geschickt, als Bergsteiger weiß er, wovon er schreibt. Der Autor konzentriert sich auf das
Wesentliche und ist dadurch in der Lage, langsam, aber kontinuierlich Spannung
aufzubauen. Mit detaillierten
Beschreibungen lässt er die slowenischen Berge vor dem Auge des Lesers erstehen
und bringt ihn mitten hinein ins Geschehen:
„Pero ließ seine
Augen über die Wand wandern. Der östliche Teil verbarg sich hinter einem Berg,
der wie ein Schiffsschnabel aus diesem auf den ersten Blick monolithischen
Massiv herausragte. Erst wenn man die Wand genauer betrachtete, konnte man
erkennen, dass sie aus einer Kette einzelner Felsen bestand, die aus dem Boden
schossen und sich von links und rechts symmetrisch um einen zentralen Pfeiler
wanden, der zu ihrem höchsten Gipfel strebte. In den steilen, hellen Platten
des oberen Teils zeichneten sich mehrere Höhlen ab. Diese schwarzen Löcher
verliehen der Wand ein lebendiges Aussehen. Sie sah aus wie ein Gesicht mit
einem von Zahnlücken durchsetzten Grinsen. Unterhalb des Gipfels verlor sich
der Pfeiler in offenbar feuchten, dunklen Nischen und Dächern."
Der Autor verschafft nicht
nur seinen Helden das eine oder andere Mal Angst und Schrecken, sondern auch
der Leser darf lebhaft daran teilhaben. Insgesamt
lotet Golob die Empfindungen seiner jugendlichen Protagonisten aus, er schont sie
nicht, thematisiert wichtige Begriffe wie den Sinn des Lebens, Loyalität und
Ehrlichkeit, Vertrauen und Freundschaft.
Einziges Manko: Es fehlt eine Karte zur Orientierung.
Ansonsten ist „Der
goldene Zahn“ ein Buch für Jungen und Mädchen jeglichen Alters, Kletterer und
Nichtkletterer, Freunde von intelligenten Gämsen und all jene, die endlich den
Unterschied zwischen Auerhahn und Birkhahn lernen wollen. Denn Humor findet sich
in der Geschichte ebenfalls...
4,5 Sterne
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Erschienen ist der Roman im Verlag Schruf & Stipetic, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
Dienstag, 9. Oktober 2018
Rezensionswoche 6. Tag: Honig aufs Herz
Evryn ist ein
Mädchen schneller Endscheidungen. Als ihr nicht unvermögender Freund
fremdanbandelt, verlässt sie seine Villa und zieht in ihre winzige New Yorker
Detektei, um unmittelbar darauf festzustellen, dass ihr Vermieter kurz zuvor
die über ihr liegende Wohnung an Nikolaj, einem unvergleichlich attraktiven Taxifahrer,
vergeben hat, dem Evy als Erstes versehentlich die Tür an die Nase schlägt.
Evy fügt sich in
ihr Los. Auch wenn sie begreift, wie sorglos sie bislang leben konnte – fünf Jahre
mit einem Playboy sind dann doch genug. Und mit dem lukrativen Auftrag einer reichen Russin sieht sie Licht am Ende des Tunnels. Leider bedeutet lukrativ
nicht gleichermaßen unbedenklich, denn es dauert nicht lange, und Evy steckt
mitten drin in Mord, Intrigen und jeder Menge Geheimnissen. Obwohl sie glaubt,
sich auf ihr Gespür als brillante Detektivin verlassen zu können, braucht sie
einen Partner, und als der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt erweist sich
Nicolaj.
Dabei ist der
Mann selbst ein einziges Rätsel. Selbst als sich Evy und Nic näher
kommen, kann sie nicht hinter seine Fassade blicken. Eins wird allerdings bald klar: Ein langweiliger oder gar harmloser
Taxifahrer ist der Mann auf keinen Fall…
Mit „Honig aufs
Herz“ hat Moni Kaspers eine leidenschaftliche Liebesgeschichte geschrieben, die
voller Leben steckt und in der Romantik und Thriller eine Symbiose
eingehen.
Die mit hinreißender
Emotionalität, aus der jeweiligen Sicht von Evy und Nic erzählte Geschichte hat
einen angenehmen Klang und überzeugt neben der Darstellung der intensiven
Gefühlswelt der Protagonisten mit einer stringenten Handlung und anschaulichen Bildern.
Lediglich die Transliteration der kyrillischen Buchstaben fällt dagegen ab,
hier wäre die Verwendung des russischen Originals einfach passender gewesen.
Ansonsten punktet das Geschehen mit stetig wachsendem Spannungstempo, erotischen und
zu Herzen gehenden Szenen sowie durchaus überraschenden und heiteren Momenten.
Ein starkes Plus sind die
beiden Hauptfiguren.
Evy
zeigt sich als ungeschickte und ein bisschen verrückte, zugleich liebenswerte
Person mit dem Herz am rechten Fleck. Sie handelt manchmal spontan und
unüberlegt, gibt hingegen nicht auf und hält trotz aller Enttäuschungen an ihren
Träumen fest. Während Schwester und Mutter sie überzeugen wollen, wie falsch es
gewesen ist, das Luxusleben an der Brians Seite zurückzulassen, steht sie zu
ihrem eingeschlagenen Weg und beweist Rückgrat, auch als ihr bewusst wird, dass
Durcheinander, Aufregung und Gefahren auf sie warten.
Während
Evy offenen Gemüts ist, bevorzugt Nic als hauptsächliche Art der Kommunikation Schweigen.
Es ist unschwer zu erkennen, dass er eine Bürde trägt, die ihn zu jenem
unnahbaren Mann mit Seelenpein macht, als den Evy ihn kennenlernt. Er will niemand
mehr sein, für niemanden, weil das
Leben, so wie er es einst hatte, ihm genommen wurde. Und sowieso würde die Zeit
keine Wunden heilen, seine zumindest nicht.
Es
bedarf des Anstoßes dieses quirligen Rotschopfes, damit sich nach und nach die
schockierenden Hintergründe, bitteren Erinnerungen, Alpträume und Ängste, die
Nic quälen, offenbaren. Hier beweisen sich Geduld, Verständnis, Mut und Kraft von Evy, die trotz aller erschütternden
Nachrichten an der Liebe zu Nic festhält, so dass er sich innerhalb kürzester Zeit einfach wohl, ja sogar zufrieden in
ihrer Gegenwart fühlt und sich „Honig aufs Herz“ legt...
4,5 Sterne
*Werbung*
Erschienen ist der Roman im FeuerWerke Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
Erschienen ist der Roman im FeuerWerke Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
Dienstag, 2. Oktober 2018
Rezensionswoche 5. Tag: Wenn wir wieder leben
„Es
gibt kein richtiges Leben im falschen. Wenn Menschenfeinde
aufmarschieren, müssen wir eine Zeit lang aufhören, Schneider,
Buchhalter und Musiker zu sein, und zusammen zur Mauer werden, an der
Verbrecher abprallen. Darum kämpfen, wieder zu leben. Unser
richtiges Leben.“
Berlin
1963. Die neunzehnjährige Wanda hat bisher ein unbeschwertes und
beständiges Leben geführt. Keines, in dem das Geld reichlich
fließt, aber es geht ihr und ihrer Familie, die aus Mutter, genannt
Matti, Tante Lore und den Schwestern Vera und Ariane besteht, gut.
Zudem ist sie privilegiert: sie darf studieren.
Mit ihrem offenen, den Menschen zugewandten Wesen findet sie schnell
Freunde.
Als
sie eines Tages Andras kennenlernt, ist die bisherige Gleichmut ihres Daseins vorbei, denn der streitbare junge Mann, der im Holocaust Mitglieder seiner jüdischen Familie verloren hat und sich
vehement für die Opfer des Naziregimes einsetzt, gibt ihr eine harte
Nuss zu knacken:
Warum
hat es sie eigentlich nie interessiert, wo sie herstammt, wo ihre
Wurzeln liegen? Warum wird in ihrer Familie nie darüber gesprochen?
Hat diese womöglich in den Zeiten des Krieges Schuld auf sich
geladen und versucht, wie viele andere einen Mantel des Schweigens
darüber zu legen? Wanda lässt nicht locker und akzeptiert die
wenigen, ausweichenden und vertröstenden Antworten nicht. Als sie ein
erschütternder Schicksalsschlag trifft, muss sie sich selbst auf die
Reise nach Polen an den Ort ihrer Geburt begeben, um die Schatten,
die über der Vergangenheit liegen, lüften zu können...
In
den Zwanziger Jahren genießen Gundi, Lore, Julius und Erik in Danzig
und dem angrenzenden Ostseebad Zoppot ihre Jugend und die
Sommerfrische und träumen von einer Karriere als Musiker. Sie wollen
anderen Menschen Freude bringen und mit beschwingten Melodien
unterhalten. Eine entsprechende Tanzkapelle haben sie bereits, indes
der Erfolg will sich für „Die Piroggen“ noch nicht richtig
einstellen. Danzig wird vom internationalen Völkerbund verwaltet,
die Nazis haben in der Stadt, in der Deutsche und Polen relativ
problemlos zusammenleben, bislang nichts zu melden. Doch ziehen bereits
erste dunkle Wolken auf.
Aber
das interessiert Gundi Sonnenschein – wie sie von allen genannt
wird – nicht. Sie ist das glücklichste Kind von der Ostsee.
Auch ohne Vater und Mutter, dafür verwöhnt vom heiß geliebten
Großvater Pop und Tante Karl, nimmt sie das Leben leicht, redet sich
die Welt schön, und keiner kann sich ihrem überschäumenden Gemüt
und ihrer schwingenden Sinnlichkeit entziehen und ihr lange böse
sein.
Als
Gundi und „Die Piroggen“ mit dem Lied „Morgen am Meer“ ihren
Durchbruch haben und zu einer bekannten Größe avancieren, dauert es
nicht lange und sie fallen auch der ortsansässigen erstarkenden
NSDAP ins Auge. Deren Gauleiter Forster ist in das Lied verliebt und
protegiert „Die vier aus Zoppot“, wie sie inzwischen heißen, bis
hin zu Auftritten auf der „Wilhelm Gustloff“, einem
Kreuzfahrtschiff des von den Nazis kreierten „Kraft durch
Freude“-Programms. Dort begegnet Gundi, zwischenzeitlich mit Julius
verheiratet und Mutter einer Tochter, dem Sänger Tadek und der wahren
Liebe, um die sie kämpfen muss, als Polen von Hitlers
Deutschland überfallen wird und Tadek sich dem Widerstand
anschließt. Zu welchen Opfern ist sie für die Erfüllung ihrer
Sehnsüchte bereit?
Charlotte Roth überzeugt mit „Wenn wir wieder leben“ mit einer meisterhaften Geschichte, die nicht nur kraftvoll, sondern auch mit Gedankentiefe, Emotionalität und einer Botschaft erzählt wird. Durch ihren respektvollen Umgang mit der Vergangenheit, gelingt es der Autorin, mit ihrem Werk dem sich breit machenden Vergessen ein Erinnern entgegenzusetzen, das neben innigen, ergreifenden, traurigen und wütend machenden Momenten auch ungemein viel Hoffnung Humanität und Liebe offenbart.
Wortkonstrukte
und Satzgesänge lassen unschwer die Autorin erkennen. Ihrem
herausragende, bilderreichen, manchmal auch larmoyanten Schreibstil,
der gleichermaßen zu Tränen rührt und einen lächeln lässt, wohnt
ein einzigartiger Zauber inne, der nur in ihren Romanen zu finden
ist. Erhöht wird der Lesegenuss dadurch, dass die Autorin es gekonnt
versteht, dem Geschehen durch die Verwendung von Begriffen und
Redewendungen des im Danziger Raum gesprochenen Missingsch
zusätzliche Atmosphäre zu verleihen.
In
den Figuren von Charlotte Roth steckt enormes Herzblut. Sie lotet
deren charakterliches Potential aus, erspart ihnen nichts, heischt kein Wohlwollen ein,
sondern lässt sie durchaus zum Unverständnis aller agieren. So
erzeugt sie eine markante Lebensnähe, die nichts beschönigt.
Deutlich wird dies insbesondere an Gundi, die mit ihrem Verhalten,
ihrer politischen Unwissenheit und dem damit einhergehenden
Desinteresse, ihrer Sorglosigkeit und starken, rücksichtslos
scheinenden Sehnsucht nach Liebe nicht immer Sympathiepunkte sammelt,
weil sie in der privaten kleinen Welt nicht über den Tellerrand
schaut und die Auswirkungen auf die Ereignisse um sie herum begreift.
Nicht rechtzeitig zumindest...
Es
ist Charlotte Roths persönlichstes Buch, wie sie im Nachwort
erklärt. Weil Danzig und seine Menschen Teil ihrer eigenen
Familiengeschichte sind. Und weil es wichtig ist, in dieser Zeit die
Stimme zu erheben. Gut, dass sie es geschrieben hat.
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