Wusstet ihr, dass Märzbecher so heißen? Ich nicht, bis heute, und dessen ungeachtet freue ich mich jedes Jahr über meine Märzbecher, die sich im Verbund sehr wohl fühlen. Ein paar wurden allerdings abtrünnig. Ich bin neugierig, was daraus wird...
Dienstag, 27. März 2018
Samstag, 24. März 2018
Mittwoch, 21. März 2018
Das Haus am Sunset Lake
„Wer jemals einen Sommer in der Casa D'Dor verbracht hat, wird ihn nie
vergessen, die Erinnerung bleibt für immer lebendig. Um sich den warmen Wind
ins Gedächtnis zu rufen, den Duft der Azaleen und die feuchtwarme Luft, die auf
der sonnenverwöhnten Haut haftet, braucht man noch nicht einmal die Augen
schließen.“
Als Jim Johnson die Casa D'Or, eine Villa im Stile eines
Plantagenhauses, gelegen am Sunset Lake in Savannah, dem tiefen Süden Amerikas, wiedersieht,
ist von ihren glanzvolle Zeiten nichts mehr geblieben. Unbewohnt und
heruntergekommen macht sie einen vernachlässigten Eindruck. Und doch verbinden
Jim, der dieses Objekt für seinen Chef, den Besitzer einen weltweiten
Hotelkette in Augenschein nimmt, viele Erinnerungen und extreme Gefühlszustände
mit dem „Haus aus Gold“.
Zwanzig Jahre zuvor, 1994, ist es der Ort einer verheißungsvollen
Liebe, überschäumender Freude und niederschmetternder Verzweiflung, ein Ort von Schmerz
und Verlust.
Jim ist Student und nicht gerade begeistert darüber, dass er seine
eigenen Pläne für einer unbeschwerten Zeit aufgeben und seine Eltern in ein
Sommerhaus am Sunset Lake begleiten soll. Sein Vater Bryn, ein britischer Autor und nach
seinem ersten Buch eher erfolglos, will und muss hier seine Inspiration
wiederfinden und in der Abgeschiedenheit einen neuen Roman schreiben.
Erst als Jim die bezaubernde und wunderschöne Jennifer Wyatt, die gerade
ihren Collegeabschluss gemacht hat und mit ihrer Familie in der Casa D'Or lebt,
kennenlernt, ändert Jim seine Pläne. Denn die beiden verlieben sich ineinander.
Und Jim ist bereit, alles für Jennifer aufzugeben: seine Familie, seine
Freunde, sein Leben in England.
Doch dann geschieht etwas, das das gemeinsame Leben der beiden
zerstört und auf ein getrennte Wege führt. Bis sie sich zwanzig Jahre später
wiedersehen, die alten Erinnerungen wach werden und die Tür zur
Vergangenheit geöffnet wird. Jim hat Jennifer nie vergessen. Sie ist die
Frau, die sein Herz berührt und der immer noch seine Liebe gehört. Gibt es
eine zweite Chance für das Paar?
Tasmina Perrys Roman "Das Haus am Sunset Lake" ist eine herzbewegende, romantische Liebesgeschichte voller dunkler Geheimnisse, die durch ihre Mischung aus Gefühl und Dramatik besticht und sich hauptsächlich vor der eindrucksvollen Kulisse, einer anschaulich beschriebenen prachtvollen Villa im
heißen Süden, entfaltet.
Die Geschichte von Jim und Jennifer bietet an sich nichts Neues: Einfacher Junge trifft gutsituiertes Mädchen, und es funkt gewaltig
zwischen den beiden. Jennifer ist zwar einerseits mit ihrem Jugendfreund Conor verbunden,
andererseits ist eine arrangierte Verlobung kein Hindernis. Liebe überwindet
schließlich alles, und deshalb will Jennifer Conor verlassen und mit Jim zusammen
sein. Tragische Vorkommnisse reißen die beiden aber auseinander.
Der Roman wird in zwei Zeitsträngen erzählt. Obwohl der Zeitrahmen mit zwanzig Jahren relativ klein ist, funktionieren die Wechsel
zwischen den Ereignissen in der Vergangenheit und in der Gegenwart gut. Es wird
allerdings offensichtlich, dass zwar das Leben in der Gegenwart Bedeutung hat, indes das Verarbeiten und Abschließen mit der Vergangenheit im Mittelpunkt liegt.
Die Autorin treibt die Handlung zunächst maßvoll, dennoch konsequent
und im Verlauf immer temporeicher voran, lässt keine Langeweile entstehen und
den Leser mit an der Aufklärung der Geheimnisse teilhaben, warum es zur
Trennung von Jennifer und Jim gekommen ist. Sie baut so beständig die Dramatik auf und vermag es letzten Endes auch, mit einigen Wendungen zu überraschen und zu erschüttern.
Lediglich wenige Szenen, wie die auf der karibischen Insel Baruda, sind unnötig, weil sie nicht zum Fortgang beitragen, sie stören hingegen auch nicht.
Im Großen und Ganzen behält Tasmina Perry im Verlauf des Geschehens
einen ansprechenden leichten und zwanglosen Erzählton bei, passt ihn jedoch in dramatischen Abschnitten der
Situation und Stimmung angemessen an, wodurch er dann etwas unterkühlt wirkt.
Neben dem Setting sind es die
Haupt- und Nebenfiguren, die die Geschichte mit Leben füllen. Die Autorin nimmt
sich Zeit, jede Figur zu entwickeln und zu charakterisieren, damit der Leser mit ihren Stärken und Schwächen, Beweggründen und Ängsten vertraut wird. So lernt er nicht nur die Protagonisten kennen, sondern kann ebenfalls daran teilhaben, wie
sich Jim und Jennifer neu wahrnehmen. Denn Jennifer ist in den zwanzig Jahren zu einer
atemberaubenden Frau gereift und mit Conor verheiratet. Jim hat eine florierende Karriere mit
finanzieller Sicherheit aufgebaut, zögert aber, sich zu binden.
Ob die beiden es schaffen, alle Geheimnisse aufzudecken, sich über die Vergangenheit hinwegzusetzen und zueinander zu finden? Erhalten sie ihre zweite Chance? Die kurzweilige Lektüre von Tasmina Perrys "Das Haus am Sunset Lake" wird die Fragen beantworten. Vielleicht an einem wunderbaren Sommertag...
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Der Roman erscheint im Juli 2018 im Blanvalet Verlag, dem ich für die Vorab-Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
Montag, 19. März 2018
Freitag, 16. März 2018
Blutiges Land
Im
Jahre 1626 geraten drei junge Menschen in die Wirren des
Dreißigjährigen Krieges. Es sind Valerian von Villesen, Sohn eines
Landadligen, und Eik Schmalens, Sohn des Müllers, trotz ihrer
Standesunterschiede seit der Kindheit Freunde, die auch zusammen den
Kampf mit Degen und Schwertern geübt haben Die anfängliche
Jugendfreundschaft hat sich jedoch in den letzten Jahren abgekühlt,
und dafür gibt es einen hübschen Grund: Valerians Schwester
Augusta, die dritte im Bunde, die
Eik in Französisch, Italienisch,
Geschichte und Etikette unterrichtete. Dass Augusta überdies
Eiks Gefühle zu erwidern scheint, stört Valerian ungemein. Er ist
gegen die Verbindung, zumal sie angesichts der unterschiedlichen
Herkunft keine Zukunft haben dürfte.
Als
der Dreißigjährige Krieg auch vor der Heimat der drei, dem Dorf Bruchhausen und Schloss
Villesen, nicht Halt macht, ändert sich im Leben von Valerian, Eik
und Augusta alles. Eik verliert seine Mutter und muss darüber
hinaus mit anschauen, wie sein Vater
von Soldaten der katholischen Liga getötet wird und Valerian daneben
steht, ohne einzugreifen und diese Tat zu verhindern. Erschüttert
und von eisigem Hass
getrieben, schlägt sich Eik auf die Seite der Protestanten, indes
Valerian sich den Katholischen zuwendet. So werden aus einstigen
Freunden Gegner. Und auch für die
Liebe sieht es düster aus: Augusta wird nach
Frankreich verheiratet.
Wolfgang
Thon erzählt mit „Blutiges Land“ ein Stück bewegender
Zeitgeschichte, in der
seine Protagonisten – und damit auch die
Leser – miterleben können,
wie eine Auseinandersetzung um den wahren Glauben und das Machtgefüge die Welt
verändert. Es sind aufregende Abenteuer, aber gleichzeitig auch die
Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, denen sich die Figuren
stellen müssen.
Dem
Autor gelingt es, dank eines guten
Hintergrundwissens
der Historie äußerst
realitätsnah und mittels intensiv
beschriebener,
zum Teil grausamer
und abscheulicher blutiger Szenen die Gewalttätigkeit und
Erbarmungslosigkeit der kriegerischen Konflikte
darzustellen. Hierbei
erweist
sich die offensive
Schilderung von Taktik, Angriffen und Kampfhandlungen als
vordergründig und unabdingbar, die
fiktiven Charaktere agieren
gemeinsam mit historischen Persönlichkeiten wie Wallenstein und
Tilly, bleiben allerdings
stets im
Mittelpunkt des Handlung.
Es sind
vor allem
Eik, Valerian und auch Augusta, die am Kreuzweg ihres Lebens
stehen,
der ihnen eine Zukunft bieten kann oder aber den Tod bringt.
Während Valerian die Position der Katholiken vertritt, findet Eik Rückhalt bei den Protestanten. Beide sehen sich mit den Fragen des Glaubens und damit der Motivation für ihr Handeln konfrontiert, setzen sich mit dem Für und Wider auseinander, ohne dass eine Entscheidung für ein Richtig oder Falsch getroffen wird. Wolfgang Thon ermöglicht es dem Leser außerdem, unmittelbar an der Gedankenwelt seiner Protagonisten teilzuhaben.
Während Valerian die Position der Katholiken vertritt, findet Eik Rückhalt bei den Protestanten. Beide sehen sich mit den Fragen des Glaubens und damit der Motivation für ihr Handeln konfrontiert, setzen sich mit dem Für und Wider auseinander, ohne dass eine Entscheidung für ein Richtig oder Falsch getroffen wird. Wolfgang Thon ermöglicht es dem Leser außerdem, unmittelbar an der Gedankenwelt seiner Protagonisten teilzuhaben.
Die Ausarbeitung der Art der Freundschaft von Eik und Valerian ist
zwar etwas zu kurz geraten, hingegen
die Entwicklung zu
Männern, die kämpfen lernen,
sowie die
widersprüchlichen Gefühle der einstigen Freunde sind
nachvollziehbar und auf sprachlich
hohem Niveau beschrieben. Daneben
ist der Handlungsstrang, der Augustas Schicksal
beleuchtet, naturgemäß ruhiger erzählt, wenngleich er mit
außergewöhnlichem
Geschehen aufwartet.
Insgesamt
hat Wolfgang Thon seine Figuren mit glaubhaften Wesenszügen
ausgestattet. Sie verfügen über Verstand,
Courage, Mut, Ehrgeiz und eine
Tatkraft, die sie vorwärts treibt und dazu befähigt, ihre Ziele
nicht aus den Augen zu verlieren und ihnen selbst bei Rückschlägen
zu folgen. Und trotzdem gibt es Momente, in den sie schwach und
eigennützig und damit fehlerhaft sind, Mitmenschen enttäuschen und
verletzen.
„Blutiges
Land“ zeigt einmal mehr, was Kriege für die Menschen bedeutet und
aus ihnen machen kann und wie schwierig es ist, Loyalität und
Vertrauen, Freundschaft und Liebe zu bewahren. Aber auch, dass es
Hoffnung gibt...
Die Fortsetzung "Verratene Erde" erscheint im August 2018.
Die Fortsetzung "Verratene Erde" erscheint im August 2018.
Montag, 12. März 2018
Dienstag, 6. März 2018
Futterzeit
Im Winter haben die Vögel es gut bei uns. Herr Schwanenweiß mutiert dann immer zum Vogelmann, der die gefiederten Freunde mit nahrhaftem Futter beglückt. Sie diskutieren ab und an, beschweren sich über die ungeschälten Sonnenblumenkerne und müssen sich im Gegenzug einen Vortrag darüber gefallen lassen, dass sie sich gefälligst ein wenig anstrengen können.
Neben unserem überdachten Futterhäuschen...
... steht nun auch eine ebenerdige Futterschale auf der Terrasse...
... zuerst kritisch beäugt, jedoch schnell dankbar angenommen.
Auch die Spatzenmannschaft (die Fotos entstanden ein paar Tage später)...
... ist - unschwer zu erkennen - hellauf begeistert.
Übrigens ist die Ecke in der Weide bei den Amseln sehr beliebt.
Dieses Mal hat Frau Amsel den Sichtplatz eingenommen.
Mein Lieblingsgast ist aber nach wie vor dieser kleine muntere Geselle.
Sonntag, 4. März 2018
"Du bist eine Wolkenfrau."
1942. Bettys Zukunft trägt einen Namen: Gernot. Ewig würde sie mit ihm
die Wege entlangfahren, zwischen den abgeernteten Feldern, über ihnen
Schwärme von Zugvögeln, begleitet von unbeschwertem Lachen, bis ans Ende
der Welt. Doch es ist Krieg, und Gernot ist Soldat…
1988. Dorothea, genannt Doro, hat vor einem Jahr ihre Mutter verloren. Darunter leidet die Dreiundzwanzigjährige nach wie vor. Weil ihre Mutter, verschlossen wie sie war, ihre Krankheit bis fast zum letzten Augenblick verschwiegen hat. Brustkrebs mit 45. Beim Aufräumen der Hinterlassenschaft entdeckt Doro in einer Kiste neben Tagebuchnotizen und Zeichnungen, die von einem Gernot stammen und vor langer Zeit in der marokkanischen Wüste entstanden, außerdem ein wunderschönes Amulett.
Doro hat gerade ihren Abschluss als Lehrerin gemacht, sie ist trotzdem unsicher und zweifelt, ob dieser Beruf, den ihre Eltern ebenfalls ausübten, sie ausfüllen wird. Um ihrer Zukunft eine Richtung geben zu können, reist Doro zu ihrer ehemaligen Lehrerin Ingrid nach Marokko, die sich von Agadir aus um ein Hilfsprojekt für die Schulbildung junger Mädchen kümmert. Ingrid empfindet sie nicht nur als Vorbild, sondern auch als Freundin.
Nach wenigen Tagen in Marokko erlebt Doro mit, wie ein junger Mann verhaftet wird. Ihr Gerechtigkeitssinn lässt sie dagegen protestieren, während sich die Einheimischen abwenden. Umso erstaunter ist sie, als ihr eben jener junge Mann – Amir – kurze Zeit später wieder begegnet. Und obwohl Doro nicht sicher ist, ob sie ihm und seinen Worten, die Verhaftung sei ein Irrtum gewesen, vertrauen kann, fühlt sie keine Angst in seiner Begleitung, als sie sich mit ihm in die Wüste aufmacht.
Eigentlich will Doro nur helfen. Jedoch sie gerät an der Seite von Amir, der sich als Sheik und Angehöriger des Berbervolkes der Sahraouis, der in Westeuropa ausgebildet wurde, entpuppt, in einen Strudel unvorhergesehener und gefährlicher Ereignisse, die das Pensum einen europäischen Touristin bei weitem übersteigen. Sie begegnet vielen Menschen, Einheimischen und auch Betty, einer Deutschen, die nach einem Vorkommnis nicht mehr daran erinnert und darum Unterstützung benötigt.
Es stellt sich heraus, dass es einen Grund für Amirs Verhaftung gegeben hat. Er engagiert sich für die Belange der Polisario, der Volksbefreiungsarmee, und damit für das Wohl seines Volkes, legt gleichwohl eher Augenmerk auf das Verhandeln auf politischer Ebene. Auf der Gegenseite steht Mahmud, für den es die Durchsetzung der Ziele der Saharouis nur mittels Waffengewalt gibt und der zudem einen persönlichen Groll gegen Amir hegt Er entführt Doro, bedroht sie und will sie für die Zwecke der Polisario missbrauchen...
Mit „Die Wolkenfrauen“ beweist Doris Cramer nach ihrer historischen Marokko-Saga erneut ihre Faszination für das nordafrikanische Land und überträgt diese auf uns. So vermitteln ihre Sachkenntnis (die sich unter anderem auch im Nachwort, dem Glossar und einem historischen Abriss des West-Sahara-Konflikts sowie den entsprechenden Quellen und Links widerspiegelt) und daneben die Detailtreue und Erzählkunst ein abwechslungsreiches, farbenprächtiges und tiefgründiges Bild dieser Region und des gesellschaftlichen Lebens. Besonders in der Darstellung der örtlichen Schauplätze – beispielsweise in Agadir und in der Sahara – punktet die Autorin mit treffender Wahrnehmung der Gegebenheiten angesichts der herrschenden Verhältnisse. Denn Doris Cramer verschließt nicht die Augen vor einem unerhörten Umstand, in den Marokko involviert ist: der Westsahara-Konflikt. Ein heikles Tabu-Thema, das seit mehr als 40 Jahren existiert, wenig bis gar keine Beachtung (mehr) findet und bislang auch auf politischer Ebene durch UNO und Internationalen Gerichtshof nicht gelöst werden konnte.
„In dunklen Zeiten bewahrt oft nur die Hoffnung den Menschen vor Verzweiflung.“ (Seite 63)
In behutsamer Art und Weise gelingt es der Autorin, die Problematik der aus ihrer ursprünglichen Heimat vertriebenen Saharouis, dem Volk der Wolken, die mit 150.000 Angehörigen ihr Dasein in der Einöde der algerischen Wüste fristen, der Vergessenheit zu entreißen und uns – verpackt in eine tragische Familien- und eine eigentlich undenkbare, behutsame Liebesgeschichte – näher zu bringen.
Doris Cramer schreibt in einem authentischen und elegantem Stil, ihre Wortbilder zeugen von ihrer Leidenschaft für Land und Menschen. Sie kritisiert, beschönigt hierbei nichts, nimmt dem Ganzen aber die Schärfe. Die Autorin will nicht schockieren, jedoch eine bedrückende Tatsache aus der Dunkelheit ans Licht ziehen, und dies gelingt ihr in bewundernswerter Art und Weise.
Im Verlauf der Handlung lassen sich die Hintergründe des Familiengeheimnisses recht früh erahnen, was allerdings der Lektüre nicht abträglich ist. Vielmehr macht es die Autorin möglich, mit Rückblicken in die Vergangenheit der Spurenlegung zu folgen und des Rätsels Lösung nahe zu kommen.
Dabei sind es neben der Schilderung des Geschehens die Ausführung, das Zusammenspiel und die Entwicklung der Figuren, die den Roman zu einem beachtenswerten und einprägsamen Erlebnis machen. Diese sind nuanciert ausgeformt. Nicht nur die neben Doro im Mittelpunkt befindlichen Frauen Ingrid und Betty beweisen jeweils eine eminente Persönlichkeit. Auch die männlichen Protagonisten Amir, Ibrahim und Mahmud hat die Autorin realistisch und in ihrem Denken und Handeln nachvollziehbar charakterisiert.
Besonders aber Doro sticht mit ihrem unabhängigen, herzensklugen und vorurteilsfreien Wesen hervor. Was immer sie erlebt, sie lässt sich nicht unterkriegen, ist voller Kraft und Energie. So ist es nur einleuchtend, dass sie in der Vorstellung von Amir hell und klar einer Wolkenfrau gleicht, also einer Angehörigen seines Volkes.
„… das Beständige in der Wüste ist der Wandel. Du bist eine Wolkenfrau. Wenn die Zeit kommt, findest du einen Weg.“ (Seite 392)
Doris Cramer verabschiedet uns aus der Geschichte ohne Happy End, aber mit Hoffnung. Und so sagen wir Doro und Amir "Auf Wiedersehen!", und das mit einem guten Gefühl.
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Erschienen ist der Roman im Blanvalet Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
1988. Dorothea, genannt Doro, hat vor einem Jahr ihre Mutter verloren. Darunter leidet die Dreiundzwanzigjährige nach wie vor. Weil ihre Mutter, verschlossen wie sie war, ihre Krankheit bis fast zum letzten Augenblick verschwiegen hat. Brustkrebs mit 45. Beim Aufräumen der Hinterlassenschaft entdeckt Doro in einer Kiste neben Tagebuchnotizen und Zeichnungen, die von einem Gernot stammen und vor langer Zeit in der marokkanischen Wüste entstanden, außerdem ein wunderschönes Amulett.
Doro hat gerade ihren Abschluss als Lehrerin gemacht, sie ist trotzdem unsicher und zweifelt, ob dieser Beruf, den ihre Eltern ebenfalls ausübten, sie ausfüllen wird. Um ihrer Zukunft eine Richtung geben zu können, reist Doro zu ihrer ehemaligen Lehrerin Ingrid nach Marokko, die sich von Agadir aus um ein Hilfsprojekt für die Schulbildung junger Mädchen kümmert. Ingrid empfindet sie nicht nur als Vorbild, sondern auch als Freundin.
Nach wenigen Tagen in Marokko erlebt Doro mit, wie ein junger Mann verhaftet wird. Ihr Gerechtigkeitssinn lässt sie dagegen protestieren, während sich die Einheimischen abwenden. Umso erstaunter ist sie, als ihr eben jener junge Mann – Amir – kurze Zeit später wieder begegnet. Und obwohl Doro nicht sicher ist, ob sie ihm und seinen Worten, die Verhaftung sei ein Irrtum gewesen, vertrauen kann, fühlt sie keine Angst in seiner Begleitung, als sie sich mit ihm in die Wüste aufmacht.
Eigentlich will Doro nur helfen. Jedoch sie gerät an der Seite von Amir, der sich als Sheik und Angehöriger des Berbervolkes der Sahraouis, der in Westeuropa ausgebildet wurde, entpuppt, in einen Strudel unvorhergesehener und gefährlicher Ereignisse, die das Pensum einen europäischen Touristin bei weitem übersteigen. Sie begegnet vielen Menschen, Einheimischen und auch Betty, einer Deutschen, die nach einem Vorkommnis nicht mehr daran erinnert und darum Unterstützung benötigt.
Es stellt sich heraus, dass es einen Grund für Amirs Verhaftung gegeben hat. Er engagiert sich für die Belange der Polisario, der Volksbefreiungsarmee, und damit für das Wohl seines Volkes, legt gleichwohl eher Augenmerk auf das Verhandeln auf politischer Ebene. Auf der Gegenseite steht Mahmud, für den es die Durchsetzung der Ziele der Saharouis nur mittels Waffengewalt gibt und der zudem einen persönlichen Groll gegen Amir hegt Er entführt Doro, bedroht sie und will sie für die Zwecke der Polisario missbrauchen...
Mit „Die Wolkenfrauen“ beweist Doris Cramer nach ihrer historischen Marokko-Saga erneut ihre Faszination für das nordafrikanische Land und überträgt diese auf uns. So vermitteln ihre Sachkenntnis (die sich unter anderem auch im Nachwort, dem Glossar und einem historischen Abriss des West-Sahara-Konflikts sowie den entsprechenden Quellen und Links widerspiegelt) und daneben die Detailtreue und Erzählkunst ein abwechslungsreiches, farbenprächtiges und tiefgründiges Bild dieser Region und des gesellschaftlichen Lebens. Besonders in der Darstellung der örtlichen Schauplätze – beispielsweise in Agadir und in der Sahara – punktet die Autorin mit treffender Wahrnehmung der Gegebenheiten angesichts der herrschenden Verhältnisse. Denn Doris Cramer verschließt nicht die Augen vor einem unerhörten Umstand, in den Marokko involviert ist: der Westsahara-Konflikt. Ein heikles Tabu-Thema, das seit mehr als 40 Jahren existiert, wenig bis gar keine Beachtung (mehr) findet und bislang auch auf politischer Ebene durch UNO und Internationalen Gerichtshof nicht gelöst werden konnte.
„In dunklen Zeiten bewahrt oft nur die Hoffnung den Menschen vor Verzweiflung.“ (Seite 63)
In behutsamer Art und Weise gelingt es der Autorin, die Problematik der aus ihrer ursprünglichen Heimat vertriebenen Saharouis, dem Volk der Wolken, die mit 150.000 Angehörigen ihr Dasein in der Einöde der algerischen Wüste fristen, der Vergessenheit zu entreißen und uns – verpackt in eine tragische Familien- und eine eigentlich undenkbare, behutsame Liebesgeschichte – näher zu bringen.
Doris Cramer schreibt in einem authentischen und elegantem Stil, ihre Wortbilder zeugen von ihrer Leidenschaft für Land und Menschen. Sie kritisiert, beschönigt hierbei nichts, nimmt dem Ganzen aber die Schärfe. Die Autorin will nicht schockieren, jedoch eine bedrückende Tatsache aus der Dunkelheit ans Licht ziehen, und dies gelingt ihr in bewundernswerter Art und Weise.
Im Verlauf der Handlung lassen sich die Hintergründe des Familiengeheimnisses recht früh erahnen, was allerdings der Lektüre nicht abträglich ist. Vielmehr macht es die Autorin möglich, mit Rückblicken in die Vergangenheit der Spurenlegung zu folgen und des Rätsels Lösung nahe zu kommen.
Dabei sind es neben der Schilderung des Geschehens die Ausführung, das Zusammenspiel und die Entwicklung der Figuren, die den Roman zu einem beachtenswerten und einprägsamen Erlebnis machen. Diese sind nuanciert ausgeformt. Nicht nur die neben Doro im Mittelpunkt befindlichen Frauen Ingrid und Betty beweisen jeweils eine eminente Persönlichkeit. Auch die männlichen Protagonisten Amir, Ibrahim und Mahmud hat die Autorin realistisch und in ihrem Denken und Handeln nachvollziehbar charakterisiert.
Besonders aber Doro sticht mit ihrem unabhängigen, herzensklugen und vorurteilsfreien Wesen hervor. Was immer sie erlebt, sie lässt sich nicht unterkriegen, ist voller Kraft und Energie. So ist es nur einleuchtend, dass sie in der Vorstellung von Amir hell und klar einer Wolkenfrau gleicht, also einer Angehörigen seines Volkes.
„… das Beständige in der Wüste ist der Wandel. Du bist eine Wolkenfrau. Wenn die Zeit kommt, findest du einen Weg.“ (Seite 392)
Doris Cramer verabschiedet uns aus der Geschichte ohne Happy End, aber mit Hoffnung. Und so sagen wir Doro und Amir "Auf Wiedersehen!", und das mit einem guten Gefühl.
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Erschienen ist der Roman im Blanvalet Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
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