Freitag, 16. Februar 2018

Held oder Monster?

Wer Geschichten nicht mag, in denen es extrem blutig, gewalttätig, skrupellos, unerbittlich, chaotisch, unmenschlich und auch glibberig zugeht oder gar Würmer und Spinnen eine Rolle spielen, sollte diese hier nicht lesen. Es sei denn, er lässt sich daneben von einem erstaunlichen Protagonisten, einem ungewöhnlichen Plot, Abenteuern, Tapferkeit, Courage, Opferbereitschaft, Furchtlosigkeit und Kameradschaft überzeugen. Dann steht einer Lektüre von „Der Fluch des Feuers“ von Mark de Jager nichts im Wege, da diese von all dem Genannten einiges bietet.

Zunächst einmal eine bemerkenswerte Hauptfigur: Stratus, der alles ist, nur kein strahlender Held. Vielmehr umgibt ihn etwas Dunkles, und damit ist nicht (nur) seine schwarze Hautfarbe gemeint. Ja, er könnte tatsächlich ein Monster sein. Stratus weiß es nicht. Er erwacht, mitten auf einem Feld in einer misslichen Situation, nämlich nackt und über sich lauernde Geier, und es scheint ihm gar nicht gut zu gehen. Aber zumindest drei Dinge sind ihm neben seinem Namen bewusst: Er lebt, er kann kein Mensch sein, und er versteht etwas von Magie. Alles andere liegt jenseits jedweder Erinnerungen in der Vergangenheit.

Damit nicht genug. Er bekommt nicht nur einmal Schwierigkeiten. Er wird ständig gejagt oder gerät in Gefangenschaft. Irgendwie gibt es immer wieder jemanden, der ihn verletzen will. Obwohl Stratus eine beeindruckende Erscheinung ist und körperlich von einschüchternder Größe. Zudem versteht er es mehr und mehr, sich hart zu verteidigen und Gegner mühelos zu bezwingen. Dabei fällt auf, dass sich Stratus nicht wie ein brutaler tumber Hauklotz durch die Handlung schlägt, sondern eine gewisse Schläue und Intelligenz an den Tag legt.

Da nicht offenbart wird, warum Stratus nichts mehr aus seiner Vergangenheit weiß oder warum er dies oder jenes tut, bleibt er ein Rätsel. Ist er nun einer von den Guten oder von den Bösen?

Macht dies den ungewöhnlichen Reiz, die Faszination der Geschichte aus? Ist es der Fakt, dass wir den größten Teil des Buches nicht sicher sind, ob Stratus der Gute ist, ob es überhaupt einen Guten gibt? Oder ist es die Tatsache, dass die Ereignisse von den Gedanken und Überlegungen von Stratus geprägt wird und wir auf Grund der Ich-Position stets unmittelbar dabei sind? Wir spüren seine Verwirrung, seinen unstillbaren Hunger, wir wissen immer, was Stratus weiß, wir verfolgen jeden seiner Schritte und lernen, was er lernt, begegnen den dunklen Seiten seines Ichs, andererseits auch den weniger dunklen Empfindungen, während Stratus sich zurechtfinden muss in einer vom Krieg zerrissenen Welt, in der sich zwei Länder bekämpfen, gleichzeitig aber ohne deren Wissen eine dunkle Magie deren Zerstörung betreibt.

Der Erzählton ist leicht zu lesen, selbstbewusst, vorstellungsintensiv, lebhaft und durchaus fesselnd, manchmal etwas zu ausführlich, dann wiederum mit einem ironischen Zug versehen, der auflockernd wirkt. In dem Tempo, in dem Stratus Informationen erhält, werden sie auch für uns zugänglich. So lernen wir die Welt mit ihm und durch ihn kennen.

Marc de Jager entwirft und erklärt die Gesellschaft, in der sich Stratus bewegt, nur in feinen Nuancen. Während die Geschichte wächst, und das Geschehen voranschreitet, liegt der Fokus auf Stratus und dem Erkennen seiner wahren Natur. Im Ringen mit seiner „inneren Bestie“, macht Stratus eine Entwicklung durch.

Der Autor hat sich Zeit genommen, einprägsame Charaktere zu kreieren, trotz der in Gänze überschaubaren Figurenschar. Denn viele erscheinen und sind gleich wieder weg oder tot. Doch ist es neben Stratus Tatyana, die uns packt, weil sie eine besondere Verbindung zu Stratus knüpft und mit ihm im Verlauf der verzwickten Handlung einigen geheimnisvollen, ja ungeheuerlichen Dingen auf die Spur kommt und uns mit einem großen Paukenschlag zurücklässt.


Mark de Jagers Geschichte über einen Anti-Helden ist ein waghalsiges Unternehmen, das die Gemüter spalten wird. Die einen werden es lieben, die anderen nicht.

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