„Die
Sonne lauerte bereits an der Wasseroberfläche und zauberte
Pastelltöne in die feuchte Meeresluft.
… so
kurz vor dem Ziel fühlte sie nun auch eine erwartungsvolle Freude,
ein Kribbeln, als wüsste etwas in ihrem Unterbewusstsein mehr als
sie selbst und hoffte auf ein grandioses Abenteuer.“ (Seite 9)
Merit
wird von ihrem Freund Ferdinand für eine andere Frau verlassen. An
sich passiert so etwas ja täglich, aber Merit ist völlig überrascht. Sie hat nun in Berlin keine Unterkunft mehr, wohnte sie doch bei
Ferdinand. Spontan entscheidet sie sich, das Angebot anzunehmen,
für einige Sommermonate als Katzensitterin auf Island nicht nur das
Tier, sondern auch das Haus der Besitzerin Ísrún in beliebtesten
Teil der Hauptstadt Reykjavík
zu hüten. Außerdem knüpft sie eine weitere Hoffnung an den
Aufenthalt: Vielleicht kann sie ihre in der Beziehung mit Ferdinand
auf Eis gelegte Leidenschaft für die Malerei wieder beleben und Perspektiven für ihre Zukunft entdecken?
Es
dauert nicht lange, und Merit findet Anschluss und neue Freunde. Sie beginnt, die Sprache zu lernen, bekommt sogar einen Job, um im teuren
Reykjavík
zu
bestehen. In Ísrúns Haus trifft Merit nicht nur auf Kater Köttur, ein weiterer „Streuner“
wohnt hier: der Norweger Kristján,
der als Hubschrauberpilot
arbeitet und der jungen Frau zeigt, dass sich das Herz nicht
so einfach abstellen lässt, wenn man es befiehlt, sein eigenes nicht
ausgenommen. Aus einer anfänglichen „Bettgeschichte“ entwickelt
sich langsam eine engere Bindung, bei der zwar die Narben auf Merits
Körper keine Rolle spielen, sich allerdings ein paar Dämonen aus
Kristjáns
Vergangenheit bemerkbar machen...
Kiri
Johanssons „Islandsommer“ ist die Geschichte von Merit und
Kristján, die
auf den ersten Blick alltäglich anmutet, es jedoch nicht ist. Sie
erzählt von Liebe, Freundschaft, Leidenschaft, Selbstfindung und
-verwirklichung und der Bewältigung
von Traumata.
„Islandsommer“
versprüht
einen ganz eigenen Zauber,
was wahrscheinlich damit
zusammenhängt, dass wir im Land der magischen
Wesen, der Elfen, Feen, Gnome
und Trolle
sind. Das
Weltbild auf Island scheint ein bisschen anders zu sein, genau wie
der Umgang der Insulaner mit
ihrer Heimat. Die Autorin
hat eine wunderbare, unglaublich bildschöne
Art, die Einmaligkeit der Insel, die Vielfältigkeit der Natur, die
Menschen und die besondere Atmosphäre darzustellen. Sie kennt sich
aus, und es gelingt ihr mit wenigen Worten, uns einzuladen, um das
Land in all seiner Pracht mit dem nötigen Respekt und rücksichtsvoll
zu erkunden.
Kiri
Johansson wählt für ihre Geschichte einen ruhigen Erzählton, der
mit seinem ästhetischen, behaglichen Ausdruck überzeugt. Die
Handlung folgt einer klaren Linie, wenngleich deren Verlauf nicht
unbedingt überrascht. Aber mit einigen tiefgründigen Ereignissen
und Geheimnissen versehen beansprucht sie
durchaus eine Beschäftigung mit dem realistischen Geschehen.
Die Geschichte erfahren wir hauptsächlich aus der Sicht von Merit. Indes tragen die Kristján gewidmeten Kapitel dazu bei, seine innere Gefühlswelt offenzulegen und nachzuvollziehen. Überhaupt entfaltet Kiri Johansson sehr viel Einfühlsamkeit bei der Ausarbeitung und Entwicklung der Emotionen ihrer Protagonisten, dem Auf und Ab der Annäherung. Denn sowohl an Merit als auch an Kristján ist die Vergangenheit nicht spurlos vorbeigegangen.
Bei
Merit sitzt der Schock über die unerwartete Trennung von Ferdinand anfangs tief, in Reykjavík
kommt
sie zur Ruhe, löst sich davon und lernt mit dem überwältigende
Gefühl von Menschenscheu, das sie wie so oft aus dem Nichts
überfällt,
noch besser umzugehen. Nach
dem Tod der Eltern hatte es eine Zeit bedrückender Dunkelheit
gegeben, von dem ein kleiner Schatten geblieben war.
Kristján
ist
ein
kontrollierter Mann, gradlinig und schnörkellos in seiner
Kommunikation. Er
schätzt
Ordnung und Verlässlichkeit. Zwar
ist er nicht immun
gegen die Ausstrahlung interessanter Frauen, jedoch
er hat sich vorgenommen, diesen Sommer einen deutlichen Abstand
zwischen sich und allem Weiblichen zu wahren. Und
die attraktive, aber unstrukturierte Merit passt so gar nicht in
sein Beuteschema.
Letztlich
erweist sich gerade sein
„Elfenmädchen“
als absoluter Glücksgriff, als den
jungen Mann ein
Teil seiner Vergangenheit übermächtig einholt...
„Islandsommer“
ist einer jener warmherzigen
Romane, der den Alltag
versüßt und wunderbare Lesestunden bereitet.
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Erschienen ist der Roman im Heyne Verlag. Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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Erschienen ist der Roman im Heyne Verlag. Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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