Samstag, 27. Juni 2020

Aktion - Die Reise des Elefantengottes


Wie ist es, das erste Mal in ein Land zu reisen, in dem man noch nie gewesen ist, obwohl ein Elternteil daher stammt?

Mit dieser Frage muss sich Priyanka, die Hauptfigur des Romans „Die Reise des Elefantengottes“, auseinandersetzen. Die neununddreißigjährige Tochter eines Deutschen und einer Inderin lebt in Berlin. Doch bis auf ihren Namen weiß sie im Grunde nur so viel wie die meisten ihrer Mitmenschen über die einstige Heimat ihrer Mutter. Denn leider hat Asha nie mit ihr über das Land, das sie nach dem Verlust ihrer Familie 1968 verließ und nie wiedersah, gesprochen.

Als Priyankas Mann ihr zum Geburtstag eine Reise nach Delhi schenkt, tritt sie diese nach erster Unentschlossenheit an, und ihre einzige Vorbereitung besteht darin, sich einen Reiseführer zu kaufen. Aber ansonsten ist es für Priyanka eine Reise ins Unbekannte.

Was erwartet sie?

Als Priyanka in Delhi ankommt, schlägt ihr zunächst einmal heiße Luft entgegen, und hochsommerlicher Wind begrüßt sie. Im Mai herrschen über dreißig Grad. Am Straßenrand stehen riesige Palmen, hier liegen obdachlose Frauen, Männer und Kinder und schlafen. Priyanka ist nicht darauf vorbereitet, dass die Armut, über die sie schon so viel gelesen hat, sie trotzdem derart schockiert.

Delhi ist nach Mumbai die zweitgrößte Stadt Indiens, sogenanntes Nationales Hauptstadtterritorium und schließt Neu-Delhi mit ein. Die Metropole gehört zu den Megastädten der Welt. Im Jahr 2009 – zum Zeitpunkt der Handlung – dürfte die Einwohnerzahl knapp unter 11 Millionen liegen. Dagegen wirkt die deutsche Hauptstadt Berlin, in der Priyanka zu Hause ist, mit ihren ungefähr  3,4 Millionen Menschen überschaubar.

Indien weist eine nahezu unzählige Vielfalt an Sprachen und Völkern auf. 80 Prozent der Einwohner Delhis sprechen Hindi. Priyanka indes nicht, sie hat sich nie für die Muttersprache von Asha interessiert und nur Deutsch und Englisch gelernt. Auch mit der indischen Kultur hatte Priyanka bisher kaum Berührungspunkte. Dabei ist diese faszinierend, bunt und facettenreich und stammt von den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und Religionen. Malerei, Architektur, Tanz und Theater sind geprägt von zum Teil tausend Jahre alten Traditionen. Ebenso hinterließ die britische Kolonialzeit ihre Spuren.

Die junge Frau weiß, dass ihre Mutter zu den Hindus gehört, wie die Mehrheit der Bevölkerung Delhis. Daneben leben in der Stadt 13 Prozent Muslime, und zu den kleineren Minderheiten gehören unter anderem Sikhs und Christen.

In Berlin fällt Priyanka wegen ihres exotischen Aussehens, das ihre Herkunft nicht verbirgt, auf und wird deshalb oft angesprochen. An Bewusstsein dafür mangelte es ihr indes bisher. Sie hat es sogar hingenommen, dass eine Lehrerin ihren Namen in Bianca umwandelte und viele Freunde sie immer noch so nennen. Hingegen scheinen sie in Indien alle für eine ganz normale Inderin zu halten. Priyanka gibt das Sicherheit, und sie fühlt sich gut.

Allerdings hält Delhi weitere Überraschungen für sie bereit: Das Hotel in der Altstadt, das sie wegen ihrer Vorstellung einer besonderen fernab der vielspurigen Straßen herrschenden Atmosphäre gebucht hat, entpuppt sich als Absteige, in der ein kaputter Ventilator für Temperaturen wie in der Sauna sorgt. Wegen der dauerhaften Nutzung von Klimaanlagen fällt oft der Strom aus. Im wohltemperierten Wohnzimmer in Berlin würde es sich stattdessen aushalten lassen.

Und doch. Irgendwann, nachdem Priyanka frische Samosas gekauft hat und mit dem Geknatter und Geklingel der Motorräder und Fahrradfahrer, die sich an den im Stau steckenden, wild hupenden Autos und Rickshaws vorbeidrängeln, im Ohr in einer schattigen Ecke, etwas benommen von Abgasen, Curry-Gerüchten und Räucherstäbchen ihre Teigtaschen isst und jungen Männern nachsieht, die um die Aufmerksamkeit einer kichernden Mädchengruppe buhlen, und sie alle wunderschön findet, weckt das Beobachten des lauten Treibens das Gefühl in ihr, ein Teil davon zu sein. Und mehr und mehr kann sie sich auf das Abenteuer Indien einlassen...


Der Geschmack von rotem Curry

Bis heute weiß die 39-jährige Priyanka nicht, weshalb ihr Mutter Asha als junge Frau aus Indin nach Berlin fliehen musste. Fast hat sie sich damit abgefunden, dass ihr Ashas Vergangenheit für immer verschlossen beibt, bis sie von ihrem Mann eine Reise nach Delhi geschenkt bekommt. Priyanka reist allein, nur der kleine Elefantengott, das einzige Andenken ihrer Mutter an die Heimat, begleitet sie. In Neu-Delhi taucht sie in eine farbenprächtige Welt ein und stößt auf ein dunkles Geheimnis. Doch weshalb stoßen auch hier ihre Fragen stets gegen eine Wand aus Schweigen? (Quelle: Verlag)


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Erschienen ist der Roman im Aufbau Verlag. Die Aktion wurde organisiert von der Netzwerk Agentur Bookmark. Weitere lesenswerte Artikel findet ihr hier.

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