In den vergangenen Wochen lasen Sabine von Buchmomente und ich gemeinsam "Die letzte Welle" von Cecilia Sjögren. An unserem ersten Eindruck haben wir euch bereits teilhaben lassen. Heute folgt auf unseren Blogs das endgültige Fazit.
„Irgendwie
hatte sie wohl geahnt, dass es passieren würde. Dass die Wahrheit
herauskäme und Dunkelheit verbreiten würde. Trotzdem hatte sie ihre
Lüge gelebt – was niemand wissen durfte.“
Auf
Mallorca wird die
alte Senora
Orjeda ermordet, die ihr ganz eigenes Geheimnis (ver)birgt.
Zur
gleichen Zeit hadert der ehemalige Polizist Tore Lindahl mit seinem
Schicksal. Seinen
Lebensabend hat sich der fünfundsiebzigjährige
Pensionär ganz anders vorgestellt, jedenfalls
nicht
in
einem Altersheim, dafür
empfindet er sich als viel zu jung.
Dass
er
dennoch in Ömhetten ist,
verdankt er einem Schlaganfall und seiner Tochter Anna.
Doch
Tores Verstand funktioniert tadellos, und als er einen
Einbrecher bemerkt und seinen
Nachbarn Viking in dessen Wohnung im Heim tot auffindet, lassen ihn seine langjährigen
Erfahrungen daran zweifeln, dass
das Versterben eine natürliche Ursache hat. Zumal Viking nicht
der
einzige Tote ist und bleibt.
Tore
begegnet der jungen Praktikantin der örtlichen Zeitung, Veronika
Wiklund, als diese Befragungen ins Altenheim, das durch Vorwürfe
gegen das Pflegeunternehmen und Ungereimtheiten in der Verwaltung
aufgefallen ist, durchführt.
Leider handelt es sich um reine Routinearbeit, und Veronika kann
nicht die große Story erwarten, auf die sie hofft.
Aber
sowohl sie als auch Tore sehen die Chance, durch eigene Ermittlungen
ihren Zielen und der Aufklärung der Todesfälle näherzukommen. Dass
sie dabei mehr als einen Geist der Vergangenheit wecken, ahnen sie
anfangs noch nicht ...
„Die
letzte Welle“ ist Cecilia Sjörgrens Debüt und hinsichtlich
der
Einordnung in ein Genre nicht
einfach
zu greifen. Am ehesten trifft wohl Kriminal- und Spannungsroman zu.
In
ihrer Geschichte öffnet die
Autorin viele Handlungsstränge und wechselt dabei
nicht nur zwischen den Figuren, sondern auch zwischen
Gegenwart und Vergangenheit. Dies
kann
zwar
an Hand des Aufbaus mit
entsprechender Konzentration bei der Lektüre gut
unterschieden werden, allerdings erfolgen die Erläuterungen zum Teil
mit ausufernder inhaltlicher
Ausführlichkeit. Lediglich die
Perspektive in Jahr 1942 nehme
ich
hiervon aus.
Denn
hier gestattet Cecilia Sjögren eine interessante
und erhellende Sicht
auf
die Situation in Schweden während des zweiten Weltkrieges.
Schlussendlich
werden alle Informationen, die
im Verlauf des Geschehens besonders im zweiten Teil die Dramatik
erhöhen,
ungeachtet
der
gelegentlichen
Unübersichtlichkeit mit
den Motiven und Taten einleuchtend zu
einem Gesamtbild verknüpft, wobei indes auch nicht unerwähnt
bleiben soll, dass wenige Fragen wegen
fehlender Logik keine genaue Klärung erfahren.
Sprachliches
Talent ist Cecilia Sjögren gegeben. Mich haben vor allen die
landschaftlichen und örtlichen Beschreibungen für die Geschichte eingenomen, die
reichlich und vorstellungsintensiv sind. Was für einige Leser ein
“blumiger“ Stil ist, lenkt mich von mancher Nüchternheit ab.
Gerade in Bezug auf die nur auf den ersten Blick klischeehafte
Wiedergabe der Trostlosigkeit des Altenheims ist dies ein angenehmer
Gegenpol. Ich zweifle jedoch, ob es die umfangreiche Art der
Schilderungen wirklich zu diesem Genre passt.
Die
Charaktergestaltung
und -führung
ist
trotz der Fülle an Figuren
im Großen und Ganzen – auch
dank der Ausstattung mit Stärken und Schwächen –
verschiedenartig
und gut
nachvollziehbar.
Besonders
Tore Lindahl, dessen Aufenthalt nicht auf Freiwilligkeit beruht, weswegen sein
Verhältnis zu seiner Tochter Anna, die ebenfalls als Polizistin
arbeitet und ermittelt, konfliktreich ist, erfährt eine Darstellung,
die Sympathie hervorruft. Auch bei Siri Mattsson, die junge Frau,
deren Schicksal in der Vergangenheit erzählt wird, fällt eine
Annäherung leicht.
Obwohl
ich es mag, dass wie hier die persönlichen Situationen und
Befindlichkeiten der Protagonisten in das Geschehen eingebunden
werden, hat diesbezüglich Veronika
Wiklund nicht
unbedingt einen leichten Stand, wirkt sie doch das eine oder andere
Mal etwas anstrengend,
vor
allem wenn überwiegend ihre Persönlichkeit und die Beziehung zu zwei
Männern in
den Mittelpunkt gerückt
werden und der Eindruck entsteht, dass damit die Handlung in keiner
Weise unterstützt wird.
Hier
hätte ich mir eher eine gründlichere Darlegung der Zusammenarbeit
zwischen Veronika und Tore gewünscht, die bei
den laufenden Ereignissen in den Hintergrund gerät.
„Die
letzte Welle“ überzeugt nicht komplett, bietet aber durchaus ergreifende Momente, primär
in den Schilderungen, die die Vergangenheit betreffen, und kann deshalb mit Einschränkungen empfohlen werden.
3,5 Sterne
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Ich danke Saga Egmont Deutschland für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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