Mittwoch, 8. Oktober 2025

Blogger für HOMER 2025 - TANKRED. Adler und Dolch


Im Herbst 884 wäre Tankred mehr als froh, wenn er mit seiner Familie auf seinem Anwesen bei Maastricht mehr gemeinsame Zeit verbringen könnte. Nach zahlreichen Auseinandersetzungen ist er nämlich nicht nur rehabilitiert, sondern hat auch sein Erbe zurückerhalten. Halbbruder Gerold sowie dessen Mutter Uta vergällen ihm nicht mehr das Leben, derweil sie ihres verloren haben.

Doch das Schicksal will es anders. Erneut sind es die Dänen, mit denen sich Tankred beschäftigen muss.

Dabei hatte vor zwei Jahren der Kaiser einen kostspieligen Frieden mit den ihnen geschlossen und die dänischen Anführer Siegfried und Gottfried mit Geld überschüttet. Letzterer wurde von der Krone zudem großzügig mit friesischem Land und Ehefrau aus königlichem Geblüt bedacht. Die Hoffnung, ihn auf diese Weise an die Leine legen zu können, erwies sich schnell als Illusion.

Anstatt seine Leute von Einfällen und Plünderungen abzuhalten, verhält sich Gottfried äußerst großzügig und duldet es wohlwollend, dass weitere dänische Banden sich nicht nur die Bäuche vollschlagen und in friesischen Häfen mit Waffen und Vorräten eindecken. Nein, er sieht auch darüber hinweg, dass sie brandschatzend zwischen Maas und Rhein ins Binnenland einfallen, während Siegfrieds Leute sich zwischen Schelde, Somme und Seine herumtollen, die Menschen massakrieren und sich die Uneinigkeit bezüglich der Herrschaft im westfränkischen Reich zunutze machen.

Als das Anwesen von Tankred überfallen wird, zeigt sich, dass jemand ein ganz persönliches Hühnchen mit ihm zu rupfen hat. Wer ist bloß dieser Ragnar, dessen Rachegelüste die Zwillinge ebenfalls in Gefahr bringen?
 
Auf der Suche nach dem ominösen Dänen kommt Tankred einer Verschwörung gegen den Kaiser auf die Spur. Ein weiteres Mal ist es an ihm, für den Herrscher in die Bresche zu springen und ihn zu schützen. Nebenbei muss er auch sein eigenes Leben retten ...


Nach den Ereignissen in den ersten drei Bänden der TANKRED-Reihe, "Weihrauch und Schwert", "Hammer und Kreuz" und "Krone und Kelch" gestattet Michael Römling seinem Helden lediglich eine kurze Atempause und stürzt ihn in "Adler und Dolch" erneut mitten hinein in ein Geschehen aus Kämpfen, Intrigen und Verrat, List und Tücke, in dem er nicht nur den Kopf für andere hinhält, sondern auch persönlich involviert ist, hat es doch jemand auf ihn und seine Familie abgesehen ...
 
Wer bisher noch keinen TANKRED-Band gelesen hat, ist gut beraten, dies nachzuholen. Obwohl jeder Roman dank einiger erklärender Rückblicke für sich allein gelesen werden kann, verpasst die Leserschar neben dem Spaß bei der Lektüre auch die Entwicklung des ehemaligen Mönches und Bibliothekars zum angesehenen Kämpfer.

Dabei gelingt es Michael Römling einmal mehr, die historischen Gegebenheiten präzise zu beleuchten und die politischen Verhältnisse und Machenschaften im frühen Mittelalter in ein für die Leser erhellendes Licht zu rücken.

Eine frische und mit fröhlichen Szenen und amüsanten Akzenten gespickte Schilderung trägt ebenso zur Unterhaltung bei wie die aktionsreiche, in verschiedenen Einzelheiten ausgestattete Darstellung der Erlebnisse und Abenteuer von Tankred, seinen Freunden und Gefährten.

Hervorzuheben sind auf jeden Fall zahlreiche Gimmicks, Anachronismen und Anspielungen, die der Geschichte in "Adler und Dolch" den aus den bisherigen TANKRED-Bänden bekannten modernen Hauch geben und die Historie entstauben. Ich mag den klassischen historischen Roman, schätze es nichtsdestoweniger, mit welcher Begeisterung Michael Römling schreibt, Absurditäten einfügt und dabei das Genre nicht zu bierernst nimmt. 

"Gib uns als deine Gefangenen aus", schlug Gauzbert vor.
"Die machen keine Gefangenen", sagte Harald. "Die würden mich fragen, warum ich euch nicht umgebracht habe, und dann müsste ich euch vor ihrer Nase erschlagen, um meine Haut zu retten, wollt ihr das?"
Nein, das wollten wir natürlich nicht. (Seite 17)

Möglicherweise ist es für einige ab und an verwirrend, sich im Dickicht der Personen zu orientieren und die oft namensähnlichen und zahlreichen historischen und fiktiven Figuren, die im Übrigen eine überzeugend ehrliche Beschreibung erfahren, durchzusortieren und einem Lager zuzuordnen.

Langeweile entsteht bei Michael Römling jedenfalls nicht, wenngleich die raumgreifenden Beratungen zu Strategien und Vorgehensweisen im Verlauf des Geschehens in etwas reduzierter Form der Handlung gut getan hätten. Es wird vielfach den Frauen nachgesagt, zu schwatzhaft zu sein. Wenn Männer allerdings unter sich sind und es um Kampf und Taktik geht, vergessen sie alles um sich herum, werden ausschweifend und verlieren sich in Diskussionen.

Die Wahl des Autors, seinen Protagonisten selbst erzählen zu lassen, erweist sich wieder als gelungenes Stilmittel, was eine mittelbare Nähe zu Tankred, seinen Gedanken und Gefühlen erlaubt.

Der ehemalige Mönch und Bibliothekar sehnt sich nach Ruhe. Er ist älter und reifer geworden, dazu Vater und Grundherr und trägt nicht mehr nur Verantwortung für sich alleine. Außerdem ist er zielstrebig, klug, mutig, wachsam und offenherzig. Manchmal sind seine Neugier und der Trotz, sich von widrigen Umständen nicht abhalten zu lassen, stärker als jede Vorsicht. Wie schon bei früheren Gelegenheiten, spürt Tankred die eine unbändige Versuchung, den Dänen auf der Nase herumzutanzen. Und findet sich so herein in seine Rolle als Spion, der auf zwei Hochzeiten tanzt.
 
Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch tiefsinnige Momente gibt, wenn Tankred bestimmte Dinge hinterfragt, was für die enorme Authentizität spricht, die mich für ihn einnimmt.

An seiner Seite stehen Gauzbert und Lupus, Freunde, die im Grunde längst zur Familie gehören und ohne deren gelegentliche Unverfrorenheit im Umgang, indes ebenso dauerhaft beständige Loyalität die Handlung nicht funktionieren würde. 

Die Klappeninnenseite des Buches zeigt eine Gebietsübersichtszeichnung, Landstrich-veranschaulichkeitsdarstellung oder Geländeverdeutlichungsskizze mit den Reisewegen von Tankred. Die Namen konnten sich aber nicht durchsetzen. Noch heute verwenden wir deshalb den von Tankred erfundenen Begriff Landkarte. Oder gibt es da etwa Widerspruch?
 

Dienstag, 7. Oktober 2025

Mörderische Schwestern - Arbeitsstipendium 2025

Jedes Jahr schreiben die "Mörderische Schwestern e. V." ein Arbeitsstipendium aus, um Autorinnen bei der Arbeit an ihren Krimiprojekten zu unterstützen. Ob gemütlicher Regional- oder akribischer Polizei-Krimi, ob US-inspirierter hardboiled oder nordisch-unterkühlter Roman Noir, ob humorvoller Whodunit, atemraubender Thriller oder gar eine Sammlung eigener Krimikurzgeschichten – alle Formen der Kriminalliteratur sind uns willkommen, solange sie in deutscher Sprache verfasst sind und sich an Erwachsene richten (keine Kinder- und Jugendkrimis).

Aus 135 anonymisierten eingesandten Texten hat die Jury die besten drei Autorinnen für das zwölfte Arbeitsstipendium herausgefiltert.

Meine herzliche Gratulation geht an: 

Isabella Archan
Sie erhält den ersten Preis für "Phagen".


Yvonne Wüstel
Sie erhält den zweiten Preis für "Hinter sauberen Gardinen".
 
Tina Pfeifer
Sie erhält den dritten Preis für "Nebeldickicht".

 

Die Jurorinnen Birgit Adam, Kate DarkKarin Müller, Isabella Schoof und Sabine Weippert schreiben über
 
„Phagen“:
  • Sehr guter Titel! Phagen heißt: Bakterienfresser.
  • Obdachloser trifft Auftragsmörder, spannendes Setting, packend erzählt, besonders.
  • Eine Geschichte, die mich von der Grundidee her direkt begeistert hat. Eine Begegnung, ein ausgesprochener Wunsch und schon nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Die Spannung in der Leseprobe und ein vollständiges Exposé waren für mich so überzeugend, dass die Geschichte verdient auf den vorderen Rängen ist.

 „Hinter sauberen Gardinen“:

  • Die erste Rechtsmedizinerin in der deutschen Geschichte ist Inspirationsgrundlage für den Krimi, der in den 1960 Jahren spielt. Die gut strukturierte und sehr gut geschriebene Geschichte ist eindrücklich und spannend. Und die Aufklärung geht ans Herz.
  • Eine Zeitreise zurück in die biedere BRD des Jahres 1960. Die erste Rechtsmedizinerin in den 60ern ist zerrissen zwischen Muttersein und der Jagd nach dem wahren Mörder einer jungen Frau. Häusliche Gewalt in besten Kreisen – damals wie heute ein Tabu. Die Autorin entwirft aus der Sicht ihrer Ich-Erzählerin ein bitterbuntes Sittengemälde Deutschlands, in das man vom ersten Satz an hineingezogen wird.

 „Nebeldickicht“:

  • Ein beunruhigender Psychothriller der Extraklasse. Ein Serienmörder hat es in die atemberaubenden Naturkulisse der schottischen Highlands auf junge Wanderinnen abgesehen. Die Autorin erzeugt bedrückende Bilder, indem sie ihre sich gruselnden Leser tief in die Gedankenwelten der ahnungslosen Opfer eintauchen lässt.
  • Spiel mit der Angst, einsame Wanderinnen in schottischer Wildnis – und ein Psychopath.
  • Ein rundes Exposé und eine Leseprobe, die mich direkt gefesselt hat. Mit Themen, die in unsere Zeit passen und auch in Zukunft passen werden. Das Setting an einem Sehnsuchtsort und eine Geschichte die das Spannungsherz höherschlagen lässt.