Freitag, 26. Oktober 2018

Rezensionswoche 7. Tag: Ein gefährliches Abenteuer

Pero und Tomaž, zwei Sechzehnjährige, die in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana zu Hause sind, verbringen ihre Freizeit nicht wie andere Teenager. Vielmehr sind sie Kletterer und stellen sich immer wieder neuen Herausforderungen. An einem der letzten Wochenende in den Ferien wollen sie die Loska-Stena-Wand in den Julischen Alpen erklimmen und fahren deshalb gemeinsam mit Tina, Tomaž' Schwester, nach Kranjska Gora. Auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, Log pod Mangartom, der am Fuße der Wand gelegenen Siedlung, finden sie erst in Franko und seinem klapprigen Gefährt die passende Mitfahrgelegenheit.

Bevor ihr eigentliche Klettertour beginnt, hören sie im Gasthaus, wie ein alter Mann, der sich als Großvater von Franko entpuppt, von einem riesigen Goldschatz erzählt. Diesen hatten der ehemalige Bergmann und sein Freund Mlekuž einst in der Mine gefunden und dann in einer Höhle, die sie auf der Jagd nach einer Gämse entdeckten, versteckt. Die Tragik der Geschichte: Mlekuž blieb in der Höhle verschüttet zurück, und der Großvater glaubt, ihn jeden Abend schreien zu hören, was erst enden würde, wenn er ein Grab bekäme.

Nach einer Nacht im Freien besteigen die Jungen die Wand und stellen fest, dass neben den bekannten zwölf Höhlen tatsächlich eine versteckte dreizehnte existiert, in der sie einen goldenen Schimmer bemerken. Haben sie den „Goldenen Zahn“ gesichtet? Doch noch verschwenden die beiden keinen weiteren Gedanken daran. Erst als sie bei ihrer Heimkehr in ihrem Verein erfahren, dass sie für eine Tour in den Himalaya 2000 Euro benötigen, wollen sie die Höhle mit dem Gold suchen. Sie ahnen nicht, dass aus einem unbeschwerten Kletterausflug ein lebensbedrohliches Abenteuer wird. Denn sie sind nicht allein hinter dem Gold her...


Tadej Golob dürfte in Deutschland eher unbekannt sein. Der Slowene, Jahrgang 1967, arbeitete bereits während seines Journalistikstudiums in Ljubljana bei der Sportredaktion des nationalen Fernsehens. Später war er Redakteur und schrieb unter anderem Kolumnen für den Playboy. 2001 nahm Golob an einer Expedition in den Himalaya teil und bestieg den Mount Everest. Sein Roman „Svinjske nogice“ erhielt 2010 den Preis für den besten slowenischen Roman des Jahres.

„Der goldene Zahn“ ist Tadej Golobs erstes Jugendbuch und offenbart sich als facettenreiches Abenteuer, das nicht nur Jungen und Mädchen, sondern auch Erwachsenen Lesefreude beschert. Der Autor überzeugt nämlich mit einem anständigen Thriller, in dem der ausgeklügelte Plot durch glaubwürdig agierende Protagonisten ergänzt wird.

Golob verwendet die ihm gegebenen Möglichkeiten geschickt, als Bergsteiger weiß er, wovon er schreibt. Der Autor konzentriert sich auf das Wesentliche und ist dadurch in der Lage, langsam, aber kontinuierlich Spannung aufzubauen. Mit detaillierten Beschreibungen lässt er die slowenischen Berge vor dem Auge des Lesers erstehen und bringt ihn mitten hinein ins Geschehen:

„Pero ließ seine Augen über die Wand wandern. Der östliche Teil verbarg sich hinter einem Berg, der wie ein Schiffsschnabel aus diesem auf den ersten Blick monolithischen Massiv herausragte. Erst wenn man die Wand genauer betrachtete, konnte man erkennen, dass sie aus einer Kette einzelner Felsen bestand, die aus dem Boden schossen und sich von links und rechts symmetrisch um einen zentralen Pfeiler wanden, der zu ihrem höchsten Gipfel strebte. In den steilen, hellen Platten des oberen Teils zeichneten sich mehrere Höhlen ab. Diese schwarzen Löcher verliehen der Wand ein lebendiges Aussehen. Sie sah aus wie ein Gesicht mit einem von Zahnlücken durchsetzten Grinsen. Unterhalb des Gipfels verlor sich der Pfeiler in offenbar feuchten, dunklen Nischen und Dächern."

Der Autor verschafft nicht nur seinen Helden das eine oder andere Mal Angst und Schrecken, sondern auch der Leser darf lebhaft daran teilhaben. Insgesamt lotet Golob die Empfindungen seiner jugendlichen Protagonisten aus, er schont sie nicht, thematisiert wichtige Begriffe wie den Sinn des Lebens, Loyalität und Ehrlichkeit, Vertrauen und Freundschaft.

Einziges Manko: Es fehlt eine Karte zur Orientierung.

Ansonsten ist „Der goldene Zahn“ ein Buch für Jungen und Mädchen jeglichen Alters, Kletterer und Nichtkletterer, Freunde von intelligenten Gämsen und all jene, die endlich den Unterschied zwischen Auerhahn und Birkhahn lernen wollen. Denn Humor findet sich in der Geschichte ebenfalls...

4,5 Sterne


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Erschienen ist der Roman im Verlag Schruf & Stipetic, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.

1 Kommentar:

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