Mittwoch, 10. Juni 2020

Im Dschungel der Liebe

Für all jene, die die Hand ausstrecken und das Leben anderer in positiver, bedeutsamer Weise beeinflussen.“ (Melissa Foster)

Sage Remington hat als Künstler alles erreicht. Der Maler verkauft seine Bilder für sechsstellige Beträge. Aber zunehmend fühlt Sage, dass Reichtum und Anerkennung im Leben nicht in Gänze befriedigend sind. Außerdem hat er die letzten fünf Jahre im Betondschungel New York gewohnt und gearbeitet und selten die Gelegenheit gehabt, mehr als die Straßen, Büros und U-Bahn-Stationen zu sehen. Eine Pause ist notwendig, um sich über einige Dinge klar zu werden. Deshalb meldet er sich für ein zweiwöchiges Freiwilligenprogramm im abgelegenen Dorf Punta Palacia in Belize, um dort die Tätigkeit der AIA, der Artists for International Aid, zu unterstützen. Diese Organisation fördert unter regelmäßiger Beteiligung von Prominenten Projekte in Entwicklungsländern, um die Bildung, medizinische Versorgung und den Umweltschutz zu verbessern.

Als Sage mit weiteren Teilnehmern nach einer anstrengenden Fahrt endlich in Punta Palacia ankommt, trifft er auf Kate Parello, die das Programm vor Ort leitet. Er merkt schnell, dass die junge Frau ihn in einen Topf mit den anderen packt und für eine verwöhnte Berühmtheit hält. Doch damit gibt sich Sage nicht zufrieden und beweist ihr, dass sie mit ihren Vorurteilen falsch liegt. Er ist nämlich nicht nur ein gutaussehendes Exemplar seiner Gattung ist, sondern in ihm steckt auch ein bodenständiger Typ. Bei einer Sache tauchen indes keine Zweifel auf: Die gegenseitige Anziehung zwischen ihnen lässt sich von Anfang nicht leugnen.

Kate geht völlig auf in ihrem Engagement für AIA und dem Bestreben, dass den Menschen die notwendigen Hilfen zukommen, die hier in Punta Palacia vor allem im Bau eines Brunnens besteht. Dafür nimmt sie in Kauf, dass sie sich mit egozentrischen Künstlern und Prominenten arrangieren muss, die meist das Ziel verfolgen, ihr (oft angeschlagenes) Image aufzupolieren und zu pflegen. Von ihren bisherigen Erfahrungen geprägt, schätzt sie zunächst Sage ebenso ein und straft ihn mit Ablehnung, obwohl sie sich zuvor auf die Zusammenarbeit mit ihm gefreut hat, da sie seine Kunstwerke bewundert und weiß, wie sehr die Dorfkinder Malerei mögen.

Bald stellt sie fest, dass sie sich in dem Mann getäuscht hat. Beide haben mehr Gemeinsamkeiten als gedacht, stimmen in vielen Überzeugungen und Wünschen überein. Und dann ist da noch das dauerhafte Kribbeln, das über ein einfaches Wohlbehagen in der Gegenwart von sympathischen Menschen hinausgeht und Gefühle in ihr weckt, die sie seit Ewigkeiten nicht mehr empfunden hat.


Melissa Foster wird auch mit dem zweiten Band über die Remington-Geschwister „Im Dschungel der Liebe“ ihrem Ruf als fähige Schreiberin leidenschaftlicher Liebesromane gerecht und bleibt ihrem Ansinnen treu, ihre Leser in der ihr eigenen markanten und vertrauten Art und Weise zu unterhalten. Zudem behält sie ihren eingeschlagenen Weg bei, für die Geschichten dieser Reihe neue Ansätze zu wählen. Dieses Mal steht die humanitäre Arbeit in einem Entwicklungsland im Mittelpunkt. Dabei hat sich die Autorin für einen eher unbekannten kleinen Staat in Zentralamerika entschieden. Belize, einst britische Kolonie, ist seit 1981 unabhängig. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und ist auf Hilfe angewiesen. Hier setzt Melissa Foster an und bindet ihre fiktive Organisation in das Geschehen ein.

Eines ist klar: „Im Dschungel der Liebe“ ist trotzdem keine schwere Lektüre, sondern eine emotionale und mit Charme erzählte Romanze, die ans Herz rührt. Das verdankt sie vor allem den Hauptfiguren. Die Autorin entwirft mit Kate und Sage zwei Charaktere, die in sich positive und einige negative Eigenschaften vereinen und mit hinreißender Energie überzeugen, wenn Kates organisierter Verstand und Sages Spontanität und sein Bauchgefühl aufeinandertreffen.

Der Maler ist ein kerniger, warmherziger Mann, der – unzufrieden mit seinem luxuriösen und sorgenfreien Dasein – etwas Neues wagen will, bei dem er nicht nur Schecks ausfüllt, sondern selbst aktiv wird. Er weiß, worauf er sich mit der Reise einlässtfreut sich, dem Stress und der Reizüberflutung von New York zu entrinnen und richtet sich gern auf den einfachen Lebensstil, der ihn in Punta Palacia erwartet, und die Hitze und Feuchtigkeit des Dschungels ein. Er möchte herausfinden, warum er, der genug Geld besitzt, um sich halb New York zu kaufen, und dazu vom Erfolg begünstigt ist, im Inneren so verdammt wenig spürt.

Sage kann großartig mit den Kindern umgehen, als hätte er nie anderes gemacht. Er ist großzügig und gibt sein Bestes. Allerdings bürdet Melissa Foster ihm – sofern man es so nennen kann – auch eine „schlechte“ Angewohnheit auf: Sobald er mit einem Bild oder einer Skulptur anfängt, konzentriert er sich allein darauf, reagiert auf niemanden, sieht und hört nichts mehr und vergisst darüber die Zeit. Eventuell auch die Menschen, die bedeutsam für ihn sind?

Kate hat das Gesicht eines Engels und überrascht mit der Selbstsicherheit eines erfahrenen Drill Sergeants. Ihr manchmal recht schroffer Tonfall stellen einen starken Kontrast zu ihren sanften Zügen dar. So erscheint sie weich und hart zugleich, integer und eigensinnig, großmütig und respektfordernd.

An der Seite ihrer Eltern, die für das Friedenscorps tätig waren, wollte Kate schon früh Menschen in Not helfen. Seit beinahe fünf Jahren arbeitet sie für AIA, davon fast zwei in Belize. Sie zeigt ihre Begeisterung für das Land, das Dorf, seine Menschen, vor allem die Kinder der Schule. Fleiß, Entschlossenheit und Tatendrang zeichnen sie aus. Für sie ist es wichtig, das Leben der Schwachen zu verändern, und dafür setzt sie sich ein. Auf Grund ihrer Erfahrungen urteilt Kate zwar nicht immer wohlwollend, so dass sie Sage zuerst ebenfalls zu den Menschen zählt, die sich auf Kosten anderer profilieren wollen. Es dauert etwas, bis sie seinen Wert wahrnimmt und jeder Blick und jedes Gespräch die beiden einander näher bringen. Denn Sage ist ständig darum bemüht, Missverständnisse auszuräumen. Der Mann legt sich richtig ins Zeug, und letztlich belohnt die Autorin ihn.

Die Person, die du liebst, wird all deine Geheimnisse kennen. Sie sieht deine Schwächen, und wenn du gut gewählt hast, wird sie sie nicht gegen dich einsetzen, sondern dir dabei helfen, der beste Mann (oder die beste Frau) zu werden, der du nur sein kannst.“

Neben Kate und Sage sind wenige, aber wichtige Nebenfiguren besetzt, die die Geschichte intensivieren und abrunden und zu einer Lektüre voller Licht und Freude beitragen.

4,5 Sterne

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nutzer der Kommentarfunktion erklären sich mit der Speicherung und Verarbeitung ihrer Daten durch diese Webseite einverstanden.