Als
Hauptkommissar Karl Seitz und Kommissarin Maria Strobl zu einem Mord
gerufen werden, können sie nur ahnen, dass dem gesteinigte Opfer
weitere folgen werden. Eine Verbindung zwischen den Getöteten ist
nicht auszumachen, und auch das Motiv bleibt zunächst im Dunkeln.
Aber der Täter offenbart eine Affinität zur uralten
Hinrichtungspraktiken, die bereits zu Zeiten Jesu angewandt wurden.
Die
Nachforschungen gestalten sich schwierig, wofür
auch Karl Seitz verantwortlich ist. Denn Nettigkeit ist keine von
seinen Eigenschaften, mit der Kollegen und Kriminelle den
Hauptkommissar der Münchener Mordkommission als Erstes bezeichnen würden. Vielmehr trifft es
„aufbrausend und bissiger als ein Yorkshire Terrier“ schon eher,
und seine Launen sind gefürchtet. Nicht nur seit sich vor ein paar
Wochen seine ehemalige Mitarbeiterin Katrin Fischbach versetzen
lassen hat. Die kompetente, rationale und vor allem freundliche
Kollegin bildete mit Seitz ein perfektes Duo mit hoher
Aufklärungsquote bei ihren gemeinsamen Fällen und eine Art
Sicherung für den zu Extremen neigenden Hauptkommissar. Doch nicht
allein die Arbeit macht diesem zu schaffen. Auch in seinem Privatleben
sind einige Minen vergraben. Seit zwei Jahren ist von einem Tag auf
den anderen seine Ehefrau Anja verschwunden. Die Liebe seines Lebens
hat ihm Halt und Kraft gegeben.
„Sentenz
von Nitzsche: Wenn du lange in
einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein...
Der
Abgrund blickte in Karl hinein, weil er zu lange in das Loch gestarrt
hatte, das Anjas Verschwinden gerissen hatte. Was ihm dieses
lichtlose, schmerzhafte Nichts nahm, wurde durch Wut
ersetzt. Heiße, jähe Wut, die ihn aus dem Hinterhalt überfiel und
niederrang.“ (Seite 134)
Nun
muss er mit seiner neuen Kollegin Maria klarkommen, oder besser, sie
mit ihm (aus oben erwähnten Gründen). Während Karl Seitz bald ihr
Potential erkennt, nähern sie sich Schritt für Schritt dem Täter...
Peter
Hohmann verdeutlicht in „Iugulus“, dass er ein fähiger Erzähler
ist, der seine gegenwärtige Handlung mit Ein- und Rückblicken in
die Gedankenwelt des Täters paart und mit einem wechselhaften
Spannungsbogen untermalt. So wie Höhen und Tiefen die Tage,
Wochen und Monaten von Karl Seitz prägen, gleicht auch die
Geschichte einer Berg- und Talfahrt, die mit vielen Geheimnissen
beginnt, die es im Verlauf des Geschehens zu lösen gibt.
Sprachlich
punktet der Autor mit einer überzeugenden Bildgewalt, die insbesondere an den Tatorten zum Tragen kommt. Hier nimmt Peter Hohmann wahrlich
kein Blatt vor den Mund. Das macht das Geschehen aber weitgehend eindrucksvoll und beschert beim Lesen durchaus schauriges Frösteln.
Zum Ausgleich wird dem Leser die Lektüre allerdings daneben mit einigen
komischen Szenen und Dialogen versüßt.
Peter
Hohmann gelingt eine feingezeichnete authentische Charakterisierung
seiner Figuren, wodurch die Schilderung der Ereignisse durchweg
nachvollzogen werden kann. Besonders mit seiner Hauptfigur hat der
Autor Mut bewiesen und ihn aus der Masse der üblichen Kriminalisten
herausgehoben. Erscheint Karl Seitz anfänglich noch als launenhafter
„Kotzbrocken“ sondergleichen, entwickelt sich im Verlauf des
Geschehens nach und nach Verständnis für den derzeit
alleinerziehenden Vater, befindet er sich doch mehrfach in der
Bredouille:
Der
unorthodoxe, äußerst sperrige, indes auf seine Art geniale
Ermittler leidet unter dem Verlust seiner Frau und versinkt in
grausam pulsierender Schwärze, weil deren spurloses Verschwinden und
die damit einhergehende Realität - entweder der Tod oder die Flucht
aus ihrem alten Leben – nicht greifbar für ihn ist. Er klammert
sich an die Hoffnung, (oder ist es Selbstgeißelung?), dass Anja noch
am Leben ist und irgendwo gefangen gehalten wird. Und so forstet er
jeden Freitag die Vermisstenanzeigen durch.
Außerdem
bereiten seine Kinder ihm Sorgen: Die pubertierende Tochter freundet
sich mit einem Drogensüchtigen, und die sonst unproblematische
Beziehung zum neunzehnjährigen Sohn läuft ebenfalls aus dem Ruder.
Gerade
die innere Zerrissenheit und Hilflosigkeit seines Protagonisten
vermag Peter Hohmann auf einfühlsame Weise zu vermitteln, so dass
erkennbar wird, was für ein trauriger Mensch Karl Seitz tatsächlich
ist. Dem ich darum mehr Balance wünsche, vielleicht beim nächsten
Fall...
4,5 Sterne
4,5 Sterne
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Ich danke dem Autor für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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