Freitag, 11. März 2022

Die Birken der Freiheit - Interview mit der Autorin


*Werbung*

Ich grüße dich, Christine, und freue mich, dass du anlässlich des Erscheinens deines neuen Buches "Die Birken der Freiheit" Zeit für ein Interview gefunden hast.

Danke! Und ich bin gespannt auf Deine Fragen

Zum zweiten Mal nimmst du uns nach Estland, wie wir es heute kennen. Was macht für dich die Faszination dieser baltischen Republik aus?

In den „Birken der Freiheit“ ist es – zumindest was die politische und gesellschaftliche Ordnung angeht – noch nicht das Estland, wie wir es heute kennen. Ich entführe die Leser ja in die Vergangenheit und lasse sie teilhaben an historischen Entwicklungen und Wendepunkten, die Voraussetzungen dafür waren, dass diese baltische Republik heute unabhängig ist und selbstbewusst ihre Traditionen, Kultur und Besonderheiten hochhält.

Dabei finde ich – insbesondere beim Strang, der 1914 einsetzt – die enge Verflechtung mit der deutschen Geschichte faszinierend. Vor allem aber hat es mich tief beeindruckt, wie unerschrocken dieses Volk sich immer wieder gegen übermächtige Gegner zur Wehr gesetzt hat und sich auch in finsteren Zeiten der Unterdrückung seine Identität nicht hat nehmen lassen.

Da Estland zu 50 Prozent bewaldet und der häufigste Laubbaum in den dortigen Wäldern die Birke ist, finde ich den Titel (erneut) passend gewählt. War es deine Idee, diesem Baum, der nicht nur viel besungenes Motiv vieler Lieder und Volksdichtungen und ein nationales Symbol des Landes ist, so ein kleines "Denkmal" zu widmen?

Ja, dass Birken eine Rolle spielen, war mir wichtig. Nicht zuletzt, weil ich diese Bäume liebe. Sie sind anmutig und zugleich zäh und widerstandsfähig.

Du schreibst mit enormer Detailverliebtheit, so dass es hervorragend möglich ist, sich in die Gegebenheiten vor Ort hineinzuversetzen. Stell dir vor, wir würden dieses wunderschöne Fleckchen Erde gemeinsam erkunden, welche Route würden wir nehmen?

Da Estland kein sehr großes Land ist, könnten wir in relativ überschaubarer Zeit eine schöne Rundreise machen und dabei einen umfassenden Eindruck der abwechslungsreichen Landschaft sowie der kulturellen Highlights und Baudenkmäler gewinnen.


Als Ausgangspunkt würde ich die Hauptstadt Tallinn wählen. Nach der Besichtigung der Stadt und einem Ausflug nach Kadriorg (Schloss Katharinental) und vielleicht noch nach Keila-Joa (Schloss Fall) mit seinen Wasserfällen, würden wir per Schiff zu den Inseln schippern (auf jeden Fall natürlich nach Hiiumaa (Dagö), wo ich den Birkenhof verortet habe). Anschließend würden wir auf dem Festland vom Seebad Pärnu aus eine große Runde drehen: über das im hügeligen Süden gelegene Otepää hinauf zur Universitätsstadt Tartu (Dorpat) und nach Osten zum Peipussee an der russischen Grenze und weiter gen Norden durch einsame Wälder und Moorlandschaften nach Narwa. Von dort würden wir an der Ostseeküste entlang zurück nach Tallinn fahren, vielleicht mit Abstechern nach Rakvere (Wesenberg) sowie zu einigen alten Gutshöfen und mindestens einem der Naturschutzgebiete.

Deine Romane sind stets auf zwei Zeitebenen angesiedelt. Dieses Mal begeben wir uns in die Jahre 1914 und 1989. Welches Jahr hast du bei der Recherche als intensiver für dich empfunden?

Emotional hat mich das Eintauchen in die späten 1980er Jahre mehr berührt, die ja auch für uns Deutsche (Stichwort Fall der Mauer) einen bedeutsamen Wandel brachten. Bei der Recherche bin ich oft über eigene Erinnerungen „gestolpert“ und tief in „meine“ Zeit damals abgetaucht.

Aber auch die Zeit vor und im 1. Weltkrieg fand ich spannend, vor allem die Geschehnisse im Osten, die ich zuvor nicht so auf dem Schirm hatte. Da habe ich viele interessante Zeitzeugenberichte gelesen, die mich sehr berührt haben.

Die Handlungsstränge und Personenführung bedürfen sicher eines klaren Konzepts. Wie gelingt es dir, dies einzuhalten? Gab es im Verlauf des Schaffungsprozesses von "Die Birken der Freiheit" Abweichungen?

Ja. Kleinere Änderungen sind eigentlich immer dabei und bei so komplexen und umfangreichen Manuskripten (zumindest bei mir) nicht zu vermeiden. Es kommt aber auch zu größeren Abweichungen, dieses Mal konkret bei Merikes Geschichte. Da hatte ich nämlich die kleine Enna und ihren Bruder Tarmo und auch die Punkerin Lenja im Konzept gar nicht vorgesehen, die tauchten „einfach“ auf und wollten mitspielen.

Außerdem hatte ich ursprünglich vor, die Jahre des Freiheitskampfes nach dem 1. Weltkrieg noch mehr zu thematisieren, das hätte dann aber doch den Rahmen gesprengt.

Wie wichtig ist dir die Gestaltung und Entwicklung deiner Figuren? Gibt es eine, die du im Roman besonders ins Herz geschlossen hast?

Mit den Figuren – allen voran natürlich den Protagonistinnen – steht und fällt für mich die Handlung, weil ich diese ja vor allem aus deren Perspektive verfolge. Beiden, also Merike und Luise, bin ich dabei sehr nahegekommen und kann nicht sagen, welche ich lieber habe.

 
Bei den Nebenfiguren war es bei diesem Buch vor allem die kleine Enna, die mir besonders ans Herz gewachsen ist.

In der Geschichte tauchen einige estnische Gerichte bei den Mahlzeiten auf. Mir ist das Brot sepik in Erinnerung geblieben. Hast du vielleicht das ein oder andere Rezept selbst ausprobiert, um ein persönliches Geschmackserlebnis zu haben, damit du es uns besser vermitteln kannst?

Ich habe kama ausprobiert, das sich in Estland beim Frühstück oder auch bei Desserts als wichtige Zutat großer Beliebtheit erfreut. Es ist ein Gemisch aus geröstetem Gersten-, Roggen-, Hafer- und Erbsenmehl, das z.B. mit Dickmilch, Quark verrührt oder als Creme mit Beeren gereicht wird.

Und estnische Milchkekse habe ich gebacken, die sind auch köstlich!

Als Pferdeliebhaberin freut es mich immer, wenn Pferde - wenn auch - kleine Rollen in Geschichten spielen. Wie ist deine Beziehung zu diesen wunderschönen Tieren, und dürfen wir im (hoffentlich) nächsten Buch ein wenig mehr über die Toris und ihre Freunde erfahren?

Pferde habe ich schon als Kind sehr geliebt und mir nichts sehnlicher gewünscht, als ein eigenes zu besitzen. Dieser Traum hat sich leider nie erfüllt, aber die Faszination ist geblieben.


Ich hätte gern ein drittes Buch geschrieben, in dem der Birkenhof und die Tori-Zucht eine größere Rolle spielen sollten. Der Verlag fand das zwar grundsätzlich interessant, hat jedoch andere Pläne; dort ist man nämlich der Ansicht, dass Estland den Lesern wohl zu unbekannt ist und nicht "zugkräftig" genug. Ich finde das sehr schade, denn ich hätte da noch einige interessante Ideen gehabt …

Das ist wirklich schade. Ich finde, dass es wichtig ist, den auch weniger bekannte Länder in den Mittelpunkt von Geschichten zu stellen.

Zu guter Letzt würde ich gern noch Folgendes wissen: Jeder kennt sie, die Tage, an denen nichts läuft. Gerade in dieser angespannten Zeit ... Wie motivierst du dich, wenn dich die Schreibunlust überfällt?

Von Schreibunlust würde ich weniger sprechen. Ich habe an Tagen, an denen „nichts geht“, eher das Gefühl, festzustecken. Manchmal hilft schon ein Spaziergang, um wieder klarer zu sehen und weiterschreiben zu können. In anderen Situationen bringt mich weitere Recherche auf die zündende Idee, die zuvor gefehlt hatte. Und manchmal brauche ich einfach eine kleine Auszeit, um Abstand zu gewinnen.


Aber natürlich lassen mich äußere Ereignisse wie jetzt der Krieg in der Ukraine und andere beunruhigende und bedrohliche Verwerfungen nicht kalt. Da fällt es mir dann schon zuweilen sehr schwer, das auszublenden und konzentriert zu arbeiten. Ich vermute jedoch, dass das derzeit leider vielen von uns so geht.

Da stimme ich dir auf jeden Fall zu und danke dir dafür, dass du dir Zeit für die Beantwortung meiner Fragen genommen hast.



Oldenburg, 1914: Luise reist nach Estland, wo die adelige Wilhelmine einen jungen deutschbaltischen Baron heiraten soll. Nicht wissend, dass es sich um den Zukünftigen ihrer Herrin handelt, trifft Luise auf Julius und verliebt sich in ihn. Die beiden Frauen fassen einen verwegenen Plan, aber ihr Glück steht auf Messers Schneide, denn schon bald bricht der Erste Weltkrieg aus.

Estland, 1989: Bislang hat sich Merike stets ihrem tyrannischen Großvater gefügt, doch jetzt schließt sie sich gegen seinen Willen nicht nur der Unabhängigkeitsbewegung an, sondern kommt auch hinter streng gehütete Geheimnisse der Familie – und entdeckt ihre deutschen Wurzeln. 

Vor der wildromantischen Kulisse Estlands beschreiten drei Frauen neue Wege auf der Suche nach Freiheit und Liebe (Quelle: Verlag)



*Werbung*
Erschienen ist der Roman im Aufbau Verlag. Dieser Beitrag ist Teil einer Aktion, die von prointernet bookmark organisiert wurde.

1 Kommentar:

  1. ... ich lese noch, muss aber erst einmal innehalten.

    Oh ja, wenn ich an die "sowjetischen" Filme meiner Kinderzeit denke, dann denke ich zuerst an lichtdurchflutete Birkenwäldchen, an die weißen Stämme, das leuchtende Grün und singende Kinder mit hellen Kopftüchern ...
    Mir tut ein bisschen das Herz weh ... Ich weiß, "falsche Idylle", aber eben doch so schön.

    Und nun lese ich weiter diese interessante Geschichte.
    Hab ein schönes Wochenende, liebe Anke.
    Herzlichst, Gisa.

    AntwortenLöschen

Nutzer der Kommentarfunktion erklären sich mit der Speicherung und Verarbeitung ihrer Daten durch diese Webseite einverstanden.