Seit vor vierunddreißig Jahren im Schacht Ludwig des
Essener Kohlebergwerk Wilhelmshöhe bei einem Grubenunglück zwölf Kumpel
verschüttet wurden, ist Werner Flemming nie das Gefühl losgeworden, in eine
Unterwelt voller Gefahren und Unwägbarkeiten abzutauchen. Damals – im Oktober
1988 – war er zu jenem Zeitpunkt auch unter Tage, wurde aber gerettet und ist
aus dem Berg zurückgekehrt. Von dem verschütteten Dutzend hingegen fehlt jede
Spur. Das hat den Bergmann geprägt.
Nun soll der alte Schacht zu einem
Besucher-Bergwerk ausgebaut werden, und Werner begleitet einen jungen
Elektrotechniker zur Überprüfung der Stromkabel. Doch der Berg ruht nicht.
Werner droht ein Déjà-vu, nachdem es zu einem Wassereinbruch kommt und die
Skelette der vermissten Bergarbeiter freigelegt werden. Außerdem hält Werner
plötzlich einen weiteren Schädel in den Händen, und dieser offenbart ein
Einschussloch. Opfer Nummer 13 wurde ermordet.
Damit beginnen die Ermittlungen der Essener
Mordkommission. An der Spitze der Soko steht Kriminalhauptkommissarin Elin
Akay, die unter anderem von Kriminaloberkommissar Holger Sieburg und der
forensischen Psychiaterin Dr. Jana Fäller unterstützt wird.
Die beiden Frauen sind seit Kindertagen beste
Freundinnen, ihre Väter waren ebenfalls Bergmänner, was die Kommunikation mit
den Kumpel wesentlich erleichtert dürfte. Denn vermutlich ist einer von ihnen ein
Mörder. Oder gibt es vielleicht die Chance, dass der Täter außerhalb dieser
eingeschworenen Gemeinschaft zu finden ist?
Eventuell ist die Tat in Zusammenhang mit den
unsauberen Finanzgeschäften des Opfers, der viele Bergleute um ihre Ersparnisse
gebracht hat, zu sehen?
Werner Flemming, der vielleicht wesentliche
Hinweise geben könnte, ist nach dem Fund erneut traumatisiert. Schon bei dem so
lange zurückliegenden verheerenden Grubenunglück hatte es keinerlei
psychologische Hilfe für die gerettetem Männer gegeben.
Nach und nach offenbaren sich die Geheimnisse,
die nicht nur tief im Inneren des Berges verborgen sind …
Martin Conrath arbeitet in „Kohle, Stahl und
Mord. Das 13. Opfer“ mit Wechseln zwischen den Zeitebenen, die sich anfänglich (noch)
nicht erschließen. Das belebt aber ungemein die Lektüre und bietet auf diese Art
umfangreiche Hintergrundinformationen, die wir zunächst abspeichern und im
Verlauf der Handlung zur Auflösung verdichten können.
Mit einem überzeugenden Erzählton, der zu fesseln
vermag, bleibt er nahe an der Wirklichkeit, reichert den Verlauf der Geschichte
mit überraschenden Wendungen an. Hier erweist sich insbesondere die Beschreibungen von den
Örtlichkeiten und Arbeitsmethoden sowohl über als auch unter Tage als
detailreich und ebenso für Unkundige nachvollziehbar. Außerdem bindet der Autor
in das Geschehen verschiedene gesellschaftliche und soziale Aspekte ein.
Die Figurenriege ist umfangreich und erhält immer
wieder Zuwachs. Gleichwohl ist es möglich, den Überblick zu behalten. Die
Darstellung gelingt, auf menschliche Stärken und Schwächen des Einzelnen wird
vom Autorin in passender Weise eingegangen.
Die Sympathie, die Martin Conrath für seine im
Mittelunkt gerückten Protagonistinnen Elin und Jana empfindet, die beide in
ihrem Beruf gefordert werden, dies allerdings gern tun, ist spürbar und
überträgt sich auch auf den Leser. Er nimmt sich Zeit für sie und Darstellung
der Beziehungen zu ihrem Umfeld.
Die forensische Psychiatrie ist ein interessantes
Gebiet der Medizin, und ich habe Jana als eine Person schätzen gelernt, die
ihre Tätigkeit sehr engagiert und fokussiert ausübt. Nach den Schilderungen des
Autors kann ich mir vorstellen, mit welch beeindruckender Präsenz und
Selbstkontrolle sie vor Gericht auftritt. Sie ihrer Mutter nach dem Tod des
Vaters noch näher gerückt.
Daneben ist auch mein Bild von Elin positiv. Mir gefallen
ihre Ansätze und Ansichten im der Zusammenarbeit und das Verständnis im Umgang
mit den Kollegen im Team, das bis auf eine Ausnahme funktioniert.
Martin Conrath ist beachtlicher Reihenstart
gelungen, „Kohle, Stahl und Mord. Das 13. Opfer“ präsentiert sich als Lektüre
mit hohem Unterhaltungswert.
4,5 Sterne
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