Robert Louis Stevenson ist als Schriftsteller berühmt. Kaum
jemand weiß jedoch, dass die Männer in seiner Familie einer Dynastie von Ingenieuren
angehörten, die entlang der schottischen Küste eine Vielzahl bedeutender
Bauwerke konstruiert haben: Leuchttürme.
Auch Louis soll der Tradition folgen, und so studiert er 1869
an der Universität in Edinburgh. Aber ohne Enthusiasmus, denn in seinen Augen
fehlt ihm das Talent zum Ingenieur. Stattdessen möchte er seine Gedanken in Worte
fassen, beflügelt von seiner Fantasie Geschichten schreiben, ein Dichter sein.
Zugleich will er indes auch die Erwartungen seines strengen
Vaters nicht enttäuschen und bemüht sich, diesen gerecht zu werden. Zumal der Vater für die „Launen“ seines Sohnes wenig Interesse zeigt, ja sie sogar ablehnt.
Aus diesem Grund besteht er auch darauf, dass Louis ihn
auf mehreren Inspektionsreisen begleitet oder sich allein an verschiedene
Bauplätze begibt. Vor Ort soll er das Handwerk (er)lernen und das passende berufliche Rüstzeug erhalten.
Bei diesen
Gelegenheiten erfährt der angehende Ingenieur von den Bedingungen und Widrigkeiten,
die mit der Errichtung eines Leuchtturms einhergehen, riskiert sogar das eigene
Leben. Das erhöht seinen Respekt vor den in diesem Zusammenhang zu
bewältigenden Aufgaben und Gefahren, glücklich macht es ihn allerdings nicht ...
Sabine Weiß beeindruckt in ihrem neuen historischen Roman
„Die Leuchttürme der Stevensons“ mit ihrer akribischen Recherchearbeit, so dass
nicht nur ein authentisches Porträt des Schriftstellers Robert Louis Stevenson
in seinen Jugendjahren entsteht, sondern gleichzeitig auch dem Wirken seiner
Familie ein kleines Denkmal gesetzt wird.
Der Autorin gelingt es von Anfang an, einen Teil wichtiger
Lebensthemen und -zeiten von Stevenson anzusprechen und mit visueller Kraft
darzustellen. Sie formuliert ausführlich und leidenschaftlich, fängt den damals
herrschenden Zeitgeist in Anbetracht der religiösen und gesellschaftlichen
Vorstellungen der Menschen ein und charakterisiert vor allem ihre Hauptfigur
mit augenfälliger Gründlichkeit.
Außerdem faszinieren ihre mit intensiver Ernsthaftigkeit
ausgeführten Beschreibungen von Natur und Bauwerken, bei denen die epische
Fabulierfreude der Autorin manchmal überschwänglich zum Ausdruck kommt. Wir
lernen hautnah schottische Inseln, Wellenbrecher und Leuchttürme kennen und setzen
uns mit der Gefährlichkeit der Errichtung solcher Projekte auseinander wie auch
mit der Tatsache, was die Menschen dafür mit welchen Schwierigkeiten auf sich
genommen haben. Dramatische Ereignisse werden mit wenigen Spannungsmomenten und
in direkter Schlichtheit geschildert, hingegen wiederholen sich gelegentliche
Überlegungen und Gedankenspiele jungen Mannes.
Davon einmal abgesehen, hat Sabine Weiß die Fähigkeit,
Stimmungen auf bemerkenswerte Art auszudrücken. So vermittelt sie mit Können
und Nachvollziehbarkeit nicht nur den Konflikt zwischen Vater und Sohn, in dem es um das Erfüllen von Erwartungen und Familientraditionen
geht. Sie thematisiert auch den inneren Zwiespalt, den Drang und den Wunsch von Robert Louis Stevenson, seinen Geist mit Dichtkunst zu entfalten und zu schreiben, was
letzten Endes – wie wir wissen – erfolgreich sein wird.
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