Sonntag, 12. Juli 2020

Zwei an einem Tag: Whitehall Fairies

Für Lara Wesson ist es immer noch erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit in ihre Normalwelt Vampire, Werwölfe, Elfen und Gargoyles eingezogen sind und sie für das DIA, das Department of Interspecific Affairs bei Scotland Yard in London arbeitet. Offiziell ist die DIA für Fälle zuständig, die kompetenzübergreifende Bedeutung haben. Tatsächlich kommt das Department bei sensible Fällen, in denen die Schattenwelt mit ihren Paranormals – oder auf bürokratisch realisierungsferne Spezies – mit der üblichen Welt kollidieren, zum Einsatz. Lara weiß inzwischen, dass ihr Job nicht nur auf der Ermittlungsebene höchst anspruchsvoll ist, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Komponente besitzt. Ein wenig überfordert das die junge Frau immer noch etwas, schließlich hat sie es gemeinsam mit ihrem vampirischen Partner Fionnbharr Byrne nach dem letzten Fall zu einer gewissen Berühmtheit gebracht.

Lara ist weiterhin mit der Realisierung des Geschehens, einer Auszeichnung und der Untersuchung der Vorkommnisse beschäftigt, und statt dass Fionn mit ihr hierüber redet, verschwindet er spontan auf seinen Stammsitz nach Irland in den Urlaub, ohne einen einzigen Ton verlauten zu lassen. Dabei wären gerade ihre beiderseitigen Ermittlungsqualitäten gefragt, gilt es doch den vermissten Ex-Super Intendent Mallory zu finden. Nachdem dessen Spuren ebenfalls in Richtung Irland weisen, schnappt sich Lara ihr Motorrad und reist auf die irische Insel, ohne zu ahnen, dass neben einer ungestümen Natur, grauenvollem Wetter, sonderbaren Einheimischen und sonstigen Gestalten, merkwürdigen Ereignissen und einem äußerst verschlossenen Fionn weit mehr Unbill auf sie wartet, als zunächst angenommen. Es droht nämlich ein kriegerischer Elfenkonflikt...


Whitehall Fairies“ ist der dritte Band einer Reihe, die Lilly Labord den ungewöhnlichen Partnern im Dienste der DIA, der menschlichen Lara Wesson und dem vampirischen Fyonn Byrne auf den Leib geschrieben hat. Und obwohl das Buch ohne Zweifel auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann, würde ich nach der Lektüre allerdings empfehlen, mit dem ersten Band zu beginnen, was ich selbst nachhole.

Denn mir gefällt die Welt, in der neben Menschen nicht nur Vampire und Elfen, sondern außerdem Werwölfe und Gargoyles und andere agieren. Lilly Labord hat eine ansprechende Atmosphäre kreiert, in der Sagen und Mythen eine Rolle spielen und in der natürliche und unnatürliche Wesen miteinander harmonieren, oder eben nicht. Ja, auch Lichte und Dunkle verfügen über das volle Programm: Sie streiten sich, sie fechten Kämpfe aus, betrügen, töten und intrigieren.

Es ist ein gewagtes Spiel, das dort in der Mittsommernacht, wenn Titania und Oberon wie zu William Shakespeares Zeiten ihren Auftritt haben, stattfindet. Eines voller Illusionen und Träume, aber mit einem ernstzunehmenden Hintergrund. Gleichwohl ab und an mit einem Augenzwinkern geschildert, welches sich aus den Bezügen zum aktuellen Ereignissen und vor allem aus den Gedankengängen und Meinungsäußerungen von Lara ergibt.

Überhaupt sind es das Zusammenspiel der erfrischend ehrlichen Lara, die in einfachen Verhältnisses aufgewachsen ist, und dem „very britischen“ irischen Vampir Fyonn, der wandelnden Referenz in Sachen Stil und Etikette, durch die „Whitehall Faries“ zu einer unerwartet kurzweiligen und vergnüglichen Unterhaltung wird. Vielleicht auch weil die Autorin demonstriert, mit welch simplen menschlichen Problemen sich ein Vampir herumschlagen muss, wenn er denn für sein Land und seine Leute Verantwortung trägt.

Es sollen indes die anderen Figuren, die das Abenteuer abrunden, nicht unerwähnt bleiben. Sie sorgen dafür, dass die Dramatik nicht nur vom Wetter kommt, wenn Blitze gezündet werden und Regengüsse aus dem Nichts auftauchen, wenn ein lichtes Königspaar und eine dunkle Königin auftreten. Auch sonst tendiert die Handlung im Tempo beständig nach oben. Und zeigt, dass eine Fantasy-Geschichte mit einem aufregenden Krimiplot wunderbar funktionieren kann.

4,5 Sterne

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