Sonntag, 3. März 2019

Friends. Küssen unmöglich


Judith ist Anfang Dreißig, als sie das Schicksal doppelt trifft. Erst stirbt ihr Mann bei einem Lawinenunglück, zur gleichen Zeit erleidet ihr Vater einen Herzanfall und fällt ins Koma. Die junge Frau vergräbt den Kummer in sich und verbannt jegliche Gefühle, die über die zu ihrer Tochter Vicky hinausgehen. "Eiskönigin" nennen sie die Menschen in ihrem Heimatort.

Doch da ist noch ihr bester Freund Leon, den sie bereits ihr halbes Leben kennt und mit dem sie die Begeisterung für den Skisport teilt. Er gibt ihr Halt und sich sehr viel Mühe, den Frohsinn wieder in Judys Dasein zu bringen.

Und plötzlich spürt Judy mehr als nur freundschaftliche Verbundenheit. Ja, vielmehr zieht ihr Herz sehnsuchtsvoll zu Leon. Aber kann sie ihrem Verlangen nachgeben? Oder ist Küssen unter Freunden unmöglich?


Tina Eugen schlägt in „Friends – Küssen unmöglich“ einen einfachen Erzählton an und umreißt mit detaillierten Bilder von einem winterlichen Skigebiet die vorhandenen Örtlichkeiten und Gegebenheiten. Beides ermöglicht es dem Leser, sich schnell in die Ereignisse hineinzufinden.

Bedauerlicherweise gewinnt die Geschichte nur langsam an Fahrt, hält sich im ersten Drittel mit vielen eher unwichtigen Beschreibungen auf und wirkt auch später an manchen Stellen etwas ausschweifend. Hingegen sind die Protagonisten von glaubhafter Natur und verschaffen dem Geschehen eine solide Basis.

Es gelingt der Autorin gut, ein Bild von Judith als Frau zu vermitteln, die das Schicksal gebeutelt hat. Während sie viele traurige, bange, ja wütende Momente heimsuchen und sie mit der Hilflosigkeit und Verzweiflung ebenso zurechtkommen muss, den der Tod eines geliebten Menschen mit sich bringt, beherrscht sie ihre Trauer durch ein erhöhtes Arbeitspensum. Obwohl der Wunsch von Judith, ihr altes, fröhliches Leben wieder zurückzubekommen, in ihr schlummert, fehlt es an einem Durchbruch, wieder die beschwingte und ein wenig verrückte Judith zu werden. Auch wenn ihre Tochter Vicky und ihr bester Freund Leon zu den wichtigsten Bezugspersonen gehören und ihr Kraft geben, weiterzumachen.

Tina Eugen findet eine wunderbare Beschreibung: Leon ist Judiths Lebensmensch. Tatsächlich kann Leon mit seiner Geduld, Sanftmut und gleichzeitigen Unbeschwertheit Judith ohne Drängen aus ihrer selbst gewählten Eishöhle locken und an tief greifende Gefühle rühren. Etwas, worauf er schon viele Jahre gewartet hat.

Während die Emotionen, die bei Judith in Bezug auf Leon entstehen und intensiviert werden, eine nachvollziehbare Darstellung erfahren, mangelt es daran, Verständnis zu entwickeln, warum Judith sich nach dem Tod ihres Mannes zunächst zur Eiskönigin wird und zehn Monate danach zweifelt, eine Beziehung mit Leon eingehen zu können. Denn so eitel Sonnenschein war die Ehe zwischen ihr und Peter nicht. Vielmehr liegen in der Vergangenheit so einige Geheimnisse verborgen.

Sind alle Hürden „umfahren“, bieten die Geschichte trotz einiger Stolpersteine eine lebendige, kurzweilige, manchmal mit Humor versetzte Unterhaltung.

3,5 Sterne

1 Kommentar:

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