„Es
geht los, #StaatX“
Die
Türen der Schule schließen sich, für eine Woche sind die Schüler im Schulgebäude auf sich gestellt, übernehmen
die Verantwortung und
verteilen unter
sich die
Macht in Politik, Justiz und Wirtschaft. Staat
X ist ein Experiment. Ohne Kontrolle und Eingreifen der Erwachsenen
werden die Schüler erfahren,
wie ein richtiger Staat funktioniert und entscheiden,
was
geschieht,
organisieren das alltägliche Leben in der Regierung, Polizei, im
Kino, den Geschäften, Lokalen und Zeitungsredaktionen.
Bereits bei
der Wahl des Präsidenten zeigt sich jedoch, dass
hinter den Kulissen an der Machtspirale gedreht wird.
Denn nicht die
verantwortungsbewusste Johanna,
die einen Hauptanteil des zweijährigen Vorbereitungsprozesses
getragen hat, darf den Staat führen, sondern Lars wird
das höchste Amt im Staat bekleiden.
Und
auch sonst versuchen einige, hinter dem Rücken der Kontrollorgane
ihr eigenes Ding zu drehen. Bald werden Grenzen überschritten, und
das Experiment
Staat X nimmt bedrohliche, wenn nicht gar lebensbedrohliche Züge an...
„Staat
X. Wir haben die Macht!“ ist ein Buch für Jugendliche, und Carolin
Wahl dürfte mit ihrem Schreibstil eben jene besonders ansprechen. Sie verwendet trotz der vorhandenen Ernsthaftigkeit einen
lockeren und mühelos zu lesenden Ton, der gleichwohl glaubhaft und authentisch klingt, den
gegenwärtigen Zeitgeist und die Probleme in der Gesellschaft
widerspiegelt und eine Identifizierung möglich macht. In maßgeblichen Momenten schlägt er um und lässt die Brisanz der Ereignisse erkennen. Dadurch schafft sie es, den erwachsenen
Leser ebenfalls einzubeziehen.
Die
Handlung selbst ist zunächst ruhig angelegt, erfährt dann im Verlauf des Geschehens eine ansteigende Beschleunigung. Während zu Beginn Staat X als interessantes
Schulprojekt, in dem jeder seine Aufgabe hat, startet, geschieht
schon an Tag 1 Unvorhergesehenes, das Ursache für folgenreiche
Kettenreaktionen ist.
Carolin
Wahl gelingt es hervorragend, sich mit den in einem Staat
vorherrschenden Gegebenheiten auseinanderzusetzen, den demokratischen
Gedanken, aber auch die Herausbildung von dunklen Seiten und
diktatorischen Verzerrungen darzustellen, wenn es um Politik,
Wahlmanipulation, die Pressefreiheit und deren Einschränkung, die
Beeinflussung von Personen und auftretende Willkür geht. Die Autorin vermag es, in zum Teil erschütternder Weise zu
vermitteln, wie Menschen agieren und reagieren, wenn sie mit Macht konfrontiert werden.
Vor allem vier
Schüler unterschiedlichen Charakters präsentieren in
wechselnden Kapiteln ihren Blick auf Staat X:
Adrian,
allseits beliebt und angesehen. Tatsächlich aber sehnt er sich nach Anerkennung und echter Zuneigung. Die Schule
ist der einzige Ort, an dem er sich nicht so klein fühlt, wo
er seine Unsicherheit
und Zerrissenheit
überspielt und
zu einer Person wird, die andere wollen und brauchen.
Melina, liebenswürdig
und zurückhaltend, hasst
jede
Art von Aufmerksamkeit. Sie hat
mit
ihren
inneren Dämonen zu kämpfen,
und auf ihrer Haut bilden
unsichtbar
für die anderen dünne,
weiße Narben ein Muster aus Schmerz.
Vincent fühlt sich leer und allein. In seinem Leben
nehmen Antriebs-
und
Perspektivlosigkeit
viel Raum ein. Als Polizist in Staat X fühlt er sich binnen kürzester Zeit einer Truppe
zugehörig. Da entsteht etwas, an dem er festhalten kann, was er
nicht für möglich gehalten hat.
Lara,
die Neue, ist
der perfekte Sonnenschein. Doch sie
weiß, was es heißt,
eine Außenseiterin zu sein, weil
sie schon so oft die Schule wechselte. Sie muss
über
ihren eigenen
Schatten springen,
um zu tun, was mit ihrem Wesen nichts gemein hat. Jenem
Wesen, das Zahlen
liebt,
die Naturwissenschaften, also Dinge schätzt,
die
logisch
und
einfach
sind und klaren
Strukturen folgen.
Daneben
lebt Staat X auch von all den weiteren differenziert ausgearbeiteten Schülerpersönlichkeiten, die sich in das stimmige
Gesamtkonzept einfügen.
Staat
X ist eine Fiktion, beinhaltet allerdings unbestreitbar Parallelen zum realen Zeitgeschehen, regt unweigerlich zum Nachdenken an und
ist deshalb nicht nur als (Schul)Lektüre sehr zu empfehlen.
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Erschienen ist das Buch im Loewe Verlag, dem ich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares danke.
Liebe Anke,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für die Rezension.
Alles Liebe
Elisabeth